Sachliche Aufklärung über Ganzjahresreifen

Sachliche Aufklärung über Ganzjahresreifen

Eine Reifenkategorie konnte auch 2020 wieder absolut und relativ zulegen: der Ganzjahresreifen. Und für 2021 ist ein weiteres Wachstum dieser Kategorie zu erwarten. Dieser Entwicklung kann und sollte sich auch der Reifenfachhandel nicht verschließen – aber eine sachlich-objektive Verbraucherberatung ist sinnvoll.

Wie auch die letzten ADAC-Tests von Ganzjahresreifen bestätigt haben, ein Ganzjahresreifen ist ein technischer Kompromiss und eben nicht die „eierlegende Wollmilchsau“:

  • Je extremer die Situation beim Einsatz im Sommer oder Winter, desto sichtbarer treten die Nachteile auf. Ein Ganzjahresreifen wird – da er in der Regel konzeptionell mehr ein Winter- als ein Sommerreifen ist – nie an die Handling- und (Trocken-) Bremsperformance eines Sommerreifens bei hohen Temperaturen auf heißer Fahrbahn heranreichen.
  • Um aber eine gewissen Fahrstabilität im Sommereinsatz und einen gesunden Temperaturhaushalt zu gewährleisten, sind die Reifenschultern meist stabiler, mit weniger Profileinschnitten und Lamellen versehen. Diese sind jedoch Voraussetzung für optimale Traktions- und Bremseigenschaften im Winter.
  • Stehen für den Kunden also ein Winterurlaub in den Alpen oder ein Sommerurlaub mit voller Beladung in Spanien auf der Agenda, wird er mit einem Ganzjahresreifen sicher nicht optimal bereift sein.
  • Auch nicht zu vergessen: Wird ein Ganzjahresreifen als Neuprodukt (also mit vollem Profil) gleich im Sommerbetrieb eingesetzt, erhöht dies nicht nur den Reifenabrieb, sondern auch die Gefahr von Profilausrissen. Vor allem bei Fahrzeugen mit hohen Drehmomenten. Gut für den Reifenfachhändler, möchte man meinen, dass birgt aber auch die Gefahr von Kunden-Reklamationen.
  • Die Kundenerwartung, zukünftig auf den Reifenwechsel, die Einlagerung und den zweiten Radsatz verzichten zu können, sollte relativiert werden: Eine regelmäßige Reifenkontrolle durch den Fachmann sollte trotzdem mindestens jährlich erfolgen, um Reifenschäden, unregelmäßigen Abrieb und Unwuchten vorzubeugen sowie das regelmäßige Umstecken der Reifen zwischen den Achsen zu gewährleisten. Auch die regelmäßige Prüfung und Anpassung des Reifenfülldruckes hat bisher oftmals nur bei der Umbereifung stattgefunden.

All diese Argumente bedeuten nicht, dass es keine Anwendungs-/Einsatzfälle gibt, für die sich Ganzjahresreifen eignen. Nur sollte der interessierte Kunde eben über das Für und Wider sachlich informiert werden, denn auch Ganzjahresreifen-Fahrer können „treue und loyale Kunden“ des Reifenfachhandels werden.

Quelle: Bundesverband Reifenhandel und Vulkaniseur-Handwerk e.V.