Europäische Insolvenzrechtsreform

Europäische Insolvenzrechtsform

Die im Juni 2019 beschlossene Reform des Insolvenzrechts wurde im Amtsblatt der EU veröffentlicht und tritt am 16. Juli 2019 in Kraft. Die Mitgliedstaaten müssen die Vorgaben der Richtlinie bis zum 17. Juli 2021 umsetzen. Dies betrifft insbesondere die Einführung eines vorinsolvenzrechtlichen Restrukturierungsverfahrens sowie die Restschuldbefreiung für Unternehmer nach drei Jahren.

Nachdem das Europäische Parlament den Richtlinienvorschlag der Europäischen Kommission zur Einführung eines vorinsolvenzlichen Restrukturierungsverfahrens und einer einheitlichen Restschuldbefreiung für Unternehmer noch vor der Europawahl im Mai 2019 verabschiedet hat, hat im Juni 2019 auch der Ministerrat der Reform zugestimmt. Die Richtlinie wurde am 26. Juni 2019 im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht und tritt am 16. Juli 2019 in Kraft.

Frühwarnsystem für Schuldner und ArbeitnehmerInnen

Die verabschiedete Reform umfasst zunächst die Einführung eines vorinsolvenzlichen Restrukturierungsverfahrens. Die Mitgliedstaaten müssen in diesem Zusammenhang zum einen sicherstellen, dass Schuldner und Arbeitnehmer Zugang zu einem Frühwarnsystem haben, um Umstände zu erkennen, die zu einer wahrscheinlichen Insolvenz ihrer Schuldner führen können. Zum anderen sind präventive Restrukturierungsmaßnahmen vorzusehen, deren Ziel die Abwendung einer Insolvenz und die wirtschaftliche Bestandssicherung des insolvenzbedrohten Schuldners ist. Während des Restrukturierungsverfahrens sollen Schuldner ganz oder zumindest teilweise die Kontrolle über ihre Vermögenswerte und den täglichen Unternehmensbetrieb behalten. Zudem sollen besondere Vollstreckungsschutzmaßnahmen ein weiteres Wirtschaften ermöglichen. Diese Schutzmaßnahmen sind jedoch auf einen Zeitraum von höchstens vier Monaten beschränkt.

Schuldenschnitt nach drei Jahren

Bei der Einrichtung des Frühwarnsystems und des Restrukturierungsverfahrens stehen den Mitgliedstaaten zahlreiche Gestaltungsspielräume offen. So kann insbesondere eine verpflichtende Bestandsfähigkeitsprüfung als Voraussetzung für das Restrukturierungsverfahren, die Beteiligung von Justiz- oder Verwaltungsbehörden sowie die Einbindung eines öffentlich bestellten Restrukturierungsbeauftragten vorgesehen werden. Darüber hinaus dürfen Mitgliedstaaten den Zugang zu Restrukturierungsverfahren begrenzen und den inhaltlichen Umfang des Vollstreckungsschutzes regeln.

Weniger Gestaltungsspielräume haben die Mitgliedstaaten bei der Umsetzung der Vorgaben zur Restschuldbefreiung. Die Mitgliedstaaten müssen sicherstellen, dass insolvente Unternehmer spätestens drei Jahre nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens einen vollständigen Schuldenschnitt erfahren. Anders als im ursprünglichen Richtlinienentwurf der Europäischen Kommission vorgesehen, sind die Mitgliedstaaten befugt, die vollständige Entschuldung von Tilgungsquoten abhängig zu machen. Die zu erfüllende Tilgungsquote darf jedoch nicht pauschal vorgegeben werden, sondern muss der Situation des einzelnen Unternehmers Rechnung tragen und insbesondere im angemessenen Verhältnis zum pfändbaren Vermögen des Unternehmers stehen.