Kürzlich hat der Europäische Gerichtshof (EuGH) zwei wegweisende Urteile gefällt, die bedeutende Auswirkungen auf den Zugang zu technischen Informationen in der Automobilindustrie haben.
Das erste Urteil, gefällt am 09.11.2023 in der Rechtssache C-319/22, bezieht sich auf die Datenüberlassungspflichten der Automobilindustrie. Im Fokus stand hierbei die Klage des Gesamtverbandes Autoteile-Handel e. V. (GVA) gegen den Lkw-Hersteller Scania. Der EuGH entschied, dass Fahrzeughersteller unabhängigen Marktteilnehmern wie Werkstätten und Ersatzteilhändlern umfassend technische Informationen in maschinenlesbaren und elektronisch verarbeitbaren Formaten zur Verfügung stellen müssen. Dies schließt auch die Fahrzeug-Identifizierungsnummer (FIN) und relevante Daten ein, die für die Reparatur und Wartung von Fahrzeugen erforderlich sind. Das Urteil stellt klar, dass PDF-Dateien nicht ausreichen und Datenbanken umfassend durchsuchbar sein müssen, was einen wichtigen Schritt in Richtung Transparenz und Fairness im Markt darstellt.
Das zweite Urteil, getroffen am 05.10.2023 in der Rechtssache C-296/22 (Carglass GmbH/A.T.U Auto-Teile-Unger GmbH & Co. KG gegen FCA Italy SpA), betrifft den Zugang zu Fahrzeugdaten über die OBD-Schnittstelle. Der EuGH urteilte zugunsten unabhängiger Werkstätten und betonte, dass diese uneingeschränkten Zugang zu benötigten Diagnosedaten haben müssen. Dies umfasst den "vollständigen Diagnosedatenstrom" und ermöglicht das Lesen und Schreiben von Diagnosedaten im Stillstand und während der Fahrt. Das Gericht erklärte auch, dass Cybersicherheitsmaßnahmen der Fahrzeughersteller nicht die Zugangsrechte unabhängiger Marktteilnehmer einschränken dürfen.
Diese Urteile haben signifikante Auswirkungen auf die Automobilindustrie. Sie gewährleisten, dass unabhängige Reparaturbetriebe gleichberechtigten Zugang zu kritischen Fahrzeugdaten erhalten, was zu einem faireren Wettbewerb und potenziell zu niedrigeren Kosten für Endverbraucher führen kann.