Welchen Anspruch auf Urlaub haben Arbeitnehmer?
Die rechtlichen Grundlagen hierfür finden sich im Bundesurlaubsgesetz. Nach § 1 dieses Gesetzes hat jeder Arbeitnehmer in jedem Kalenderjahr einen Anspruch auf bezahlten Erholungsurlaub.
Der Umfang des gesetzlichen Urlaubsanspruches richtet sich nach der Anzahl der Arbeitstage in der Woche. Bei einer Regelarbeitszeit von fünf Arbeitstagen besteht ein Anspruch auf mindestens 20 Tage Urlaub im Jahr. Nach einer Beschäftigungszeit von sechs Monaten entsteht dieser Urlaubsanspruch jeweils zu Beginn eines Kalenderjahres in voller Höhe.
In der Praxis wird Arbeitnehmern durch Tarifvertrag oder Arbeitsvertrag meist mehr als der gesetzliche Mindesturlaub gewährt. Dann spricht man vom sog. „Zusatzurlaub“. Für diesen Zusatzurlaub gilt das Bundesurlaubsgesetz nicht, so dass die Vertragsparteien hier freier in der Gestaltung sind. Gesetzlicher Mindesturlaub und vertraglicher Zusatzurlaub sind in ihrer rechtlichen Bewertung stets streng zu trennen.
Tipp: Im Arbeitsvertrag sollten der Mindesturlaub und der Zusatzurlaub in getrennten Klauseln geregelt werden. Der vom Landesverband zur Verfügung gestellte Muster-Arbeitsvertrag sieht eine solche Trennung vor.
Ab wann darf der Arbeitnehmer den Urlaubsanspruch in einem neuen Arbeitsverhältnis geltend machen?
Es ist ein verbreiteter Irrglaube, dass in den ersten sechs Monaten eines neuen Arbeitsverhältnisses überhaupt kein Anspruch auf Erholungsurlaub besteht. In den ersten sechs Monaten entsteht lediglich kein Anspruch auf den vollen jährlichen Mindesturlaub, sondern ein anteiliger Urlaubsanspruch.
Wie wird dieser anteilige Urlaubsanspruch berechnet?
Gemäß § 5 Abs. 1a Bundesurlaubsgesetz (BurlG) entsteht ein anteiliger Anspruch in Höhe von 1/12 des Jahresurlaubs mit Ablauf eines jeden Beschäftigungsmonats. Dabei gilt es zu beachten, dass zum einen nur vollendete Beschäftigungsmonate in die Berechnung mit einbezogen werden und zum anderen Bruchteile von Urlaubstagen, die mindestens einen halben Tag ergeben, auf volle Urlaubstage aufzurunden sind. Eine Abrundung findet nicht statt!
Beispiel
Ein Arbeitsverhältnis begann am 1.1.2025. Die Mitarbeiterin oder der Mitarbeiter arbeitet in einer 5-Tage-Woche und hat 20 Tage Urlaub.
In den ersten sechs Monaten entsteht pro Monat ein Urlaubsanspruch von 1,67 Tagen, gerundet sind das 2 Tage. Das heißt: Nach z.B. vier Monaten besteht ein Anspruch auf 6,68 Urlaubstage, gerundet sind das 7.
Ab dem 1.7.2025 besteht ein Anspruch auf die vollen 20 Urlaubstage.
Wie berechnet sich der Urlaubsanspruch für Teilzeitbeschäftigte?
Der gesetzliche Urlaubsanspruch richtet sich nach der Anzahl der Beschäftigungstage in der Woche; nicht nach der Anzahl der Arbeitsstunden. Wenn eine Teilzeitkraft bspw. auf einer 50 %-Stelle arbeitet, die Arbeitsstunden sich dann noch auf fünf Tage verteilen – weil sie jeden Tag einen halben Tag arbeitet – hat sie genauso einen gesetzlichen Anspruch auf 20 Urlaubstage wie eine Vollzeitkraft. Arbeitet sie stattdessen lediglich an drei Tagen in der Woche, besteht – ausgehend von einem Urlaubsanspruch in Höhe von 20 Tagen bei einer Fünf-Tage-Woche – ein gesetzlicher Urlaubsanspruch in Höhe von 12 Tagen.
Kann man als Arbeitgeber die Urlaubswünsche seiner Mitarbeiter aus wichtigem Grund kürzen oder ganz verweigern?
Grundsätzlich ist der Arbeitgeber bei der zeitlichen Festlegung des Urlaubs an die Urlaubswünsche seiner Mitarbeiter gebunden. Nach § 7 Abs. 1 BUrlG darf er einen entsprechenden Wunsch des Arbeitnehmers nur aus dringenden betrieblichen Belangen oder aufgrund kollidierender Urlaubswünsche anderer Mitarbeiter, die unter sozialen Gesichtspunkten den Vorrang verdienen, verweigern.
Unter dringenden betrieblichen Belangen versteht man lediglich individuelle Ausnahmesituationen. In Betracht kommen z. B. akute Personalengpässe oder arbeitsintensive Saisonzeiten.
Im Hinblick auf die Berücksichtigung der Urlaubswünsche von anderen Mitarbeitern sind die beiderseitigen Interessen abzuwägen. Vor allem soziale Gesichtspunkte wie z. B. eine notwendige Kinderbetreuung spielen eine zentrale Rolle, so dass Schließzeiten von Kitas und Schulferien von schulpflichtigen Kindern besonders ins Gewicht fallen. Aber auch die Erholungsbedürftigkeit, die Betriebszugehörigkeit und die Urlaubsmöglichkeiten des Partners sind unter diesem Aspekt zu würdigen.
Eine Abwicklung dieser sozialen Aspekte ist jedoch erst dann vorzunehmen, wenn es aufgrund dringender betrieblicher Gründe nicht möglich ist, den betroffenen Arbeitnehmern, die in dem fraglichen Zeitraum Urlaub beantragt haben, parallel Urlaub zu gewähren.
Sofern im Betrieb ein Betriebsrat existiert, unterliegt die Aufstellung der allgemeinen Urlaubsgrundsätze und des Urlaubsplans sowie die Festsetzung der zeitlichen Lage des Urlaubs für einzelne Arbeitnehmer auch dessen Mitbestimmungsrecht.
Darf der Arbeitgeber zunächst gewährten Urlaub wieder zurücknehmen?
Nein! Der Arbeitgeber darf einen Arbeitnehmer nicht aus seinem bereits angetretenen Urlaub zurückholen. Die Urlaubsgenehmigung ist eine befristete unwiderrufliche Freistellungserklärung.
Was passiert bei Ablehnung eines Urlaubsantrages – welche Reaktion ist seitens des Arbeitnehmers denkbar?
Ein Recht auf Selbstbeurlaubung besteht nicht. Selbst wenn der Anspruch auf Freistellung besteht und der Urlaubsantrag zu Unrecht abgegeben wird, stellt eine Selbstbeurlaubung eine schwere arbeitsvertragliche Pflichtverletzung dar, die eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen kann. Der Arbeitnehmer kann im Streitfall ggf. den Anspruch auf die Freistellung gerichtlich geltend machen.
Welche Fristen gelten für die Geltendmachung und Übertragung von Urlaubsansprüchen?
Gemäß § 7 Abs. 3 Satz 1 BUrlG muss Urlaub im laufenden Kalenderjahr genommen werden. Eine Übertragung in das Folgejahr ist nach § 7 Abs. 3 Satz 2 BUrlG nur möglich, wenn der Urlaub aus dringenden betrieblichen oder in der Person des Arbeitnehmers liegenden Gründen im laufenden Kalenderjahr nicht genommen werden konnte. Allerdings muss dieser Urlaub dann in den ersten drei Monaten des Folgejahres genommen werden. Zum 31. März des Folgejahres erlischt der Urlaubsanspruch.
Können Urlaubsansprüche verjähren?
Zum 31. März des Folgejahres erlischt der Urlaubsanspruch unwiederbringlich. Allerdings hat das Bundesarbeitsgericht im Jahr 2019 entschieden, dass dem Arbeitgeber eine Mitwirkungsobliegenheit bei der Inanspruchnahme des Urlaubsanspruches durch den Arbeitnehmer trifft.
Der Arbeitgeber hat den Arbeitnehmer auf einen drohenden Verfall seines Urlaubs rechtzeitig hinzuweisen und muss ihn dazu auffordern, den Urlaub vorher zu nehmen. Kommt der Arbeitgeber dieser Hinweisobliegenheit nicht nach, verfällt der Urlaub nicht innerhalb der oben genannten Frist, d. h. zum 31. März des Folgejahres.
Der Hinweis des Arbeitgebers muss hinreichend spezifisch und individuell erfolgen. Ein pauschaler Verweis auf den Verfall möglicher noch offenen Urlaubsansprüche genügt also nicht. Vielmehr muss der noch offene Urlaubsanspruch konkret beziffert sein und eine entsprechende Aufforderung zur rechtzeitigen Beantragung der restlichen Urlaubstage erfolgen. Zudem muss darauf hingewiesen werden, an welchem Datum es zum Verfall des Anspruches kommt, sofern die Urlaubstage nicht genommen wurden. Um dem Rechtzeitigungserfordernis nachzukommen, empfiehlt sich, den Hinweis gegen Ende des dritten Quartals zu erteilen.
Tipp: Ein Musterschreiben kann beim Landesverband abgerufen werden!
Diese Verfallsregelungen sowie die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zu den Hinweispflichten beziehen sich lediglich auf den gesetzlichen Mindesturlaubsanspruch. Für den vertraglichen Zusatzurlaub können abweichende Vereinbarungen getroffen werden, wie z. B., dass es gar keine Möglichkeit gibt, den Urlaub ins Folgejahr zu übertragen. Solche abweichenden Vereinbarungen für den Zusatzurlaub funktionieren jedoch nur, wenn klar zwischen gesetzlichem und vertraglichem Urlaub differenziert wird.
Tipp: In den Muster-Arbeitsverträgen des Landesverbandes ist eine differenzierte Urlaubsklausel enthalten.
Welche Besonderheiten ergeben sich bei Langzeiterkrankten, die ihren Urlaub aufgrund einer Arbeitsunfähigkeit bis zum Ende des Übertragungszeitraums nicht nehmen können?
Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH und auch das BAG verfällt der Urlaubsanspruch in diesem Fall spätestens 15 Monate nach Ablauf des entsprechenden Urlaubsjahres. Der Urlaubsanspruch für das Jahr 2025 würde bei einer Langzeiterkrankung also am 31. März 2027 verfallen.
Aber auch dieser Verfall tritt im Grundsatz nur dann ein, wenn der Arbeitgeber seiner Mitwirkungspflicht und damit seiner Hinweisobliegenheit nachkommt. Nun könnte man einwenden, dass der Hinweis, den offenen Urlaub zu nehmen, bei einem langzeiterkrankten Mitarbeiter sinnlos ist. Allerdings ist zu berücksichtigen, dass Arbeitgeber in dem Zeitpunkt, in dem die Hinweispflicht entsteht, nie sicher wissen, ob der Arbeitnehmer nicht doch wieder gesund wird. Daher sollten auch langzeiterkrankte Mitarbeiter darauf hingewiesen werden, dass sie ihren offenen Urlaub für den Fall der Gesundung innerhalb der Frist nehmen müssen, weil er anderenfalls verfällt.
Kann der Urlaubsanspruch auch abgegolten oder ausbezahlt werden?
Die Auszahlung des gesetzlichen Urlaubs ist nicht möglich. Das gilt selbst dann, wenn der Arbeitnehmer ausdrücklich lieber seinen Urlaub ausbezahlt haben möchte, anstatt ihn abzubauen.
Urlaubsrecht ist Arbeitsschutzrecht und auch auf den Arbeitsschutz kann man als Arbeitnehmer nicht verzichten.
Gemäß § 7 Abs. 3 BUrlG kann eine Abgeltung nur bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses erfolgen, wenn der Urlaub aufgrund dessen ganz oder teilweise nicht mehr gewährt werden kann. Im Bezug auf einen einzelvertraglichen Zusatzurlaub können Arbeitnehmer und Arbeitgeber aber eine Abgeltung vereinbaren.
Was passiert, wenn ein Arbeitnehmer während seines Urlaubs erkrankt?
Der Urlaubsanspruch des erkrankten Arbeitnehmers verfällt nicht. Nach § 9 BUrlG werden die Tage, an denen ein Arbeitnehmer während seines Urlaubs krankheitsbedingt arbeitsunfähig ist, nicht auf den Jahresurlaub angerechnet. Voraussetzung ist jedoch, dass die Erkrankung durch eine ärztliche Bescheinigung nachgewiesen wird.