Am 21. November 2024 hat der Bundesgerichtshof (BGH) eine bedeutende Entscheidung getroffen, die große Aufmerksamkeit erregt hat. Das oberste Zivilgericht stellte klar, dass der Betreiber einer Waschanlage für Schäden haftet, wenn ein Fahrzeug und die Waschanlage „konstruktiv nicht zueinander passen“. Die Verantwortung liege damit im „Obhuts- und Gefahrenbereich“ des Anlagenbetreibers.
Hintergrund und Vorinstanzen
Der Fall erlangte bereits früh mediale Aufmerksamkeit. Fest stand, dass sowohl das Fahrzeug als auch die Waschanlage vor dem Vorfall in einem ordnungsgemäßen Zustand waren und die Anlage dem aktuellen Stand der Technik entsprach. Die Vorinstanzen hatten hierzu unterschiedlich entschieden:
- Das Amtsgericht Ibbenbüren verurteilte den Waschanlagenbetreiber zur Zahlung von Schadensersatz.
- Das Landgericht Münster wies die Klage hingegen ab und argumentierte, dass Betreiber nicht verpflichtet seien, die Anlage auf jede erdenkliche Fahrzeugsonderausstattung auszurichten. Eine solche Haftung würde den Rahmen des Zumutbaren sprengen.
Ein früheres Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Karlsruhe aus dem Jahr 2015 widersprach dieser Auffassung. Das OLG befand, dass die Ungeeignetheit eines Fahrzeugs für die Waschanlage technisch identisch sei mit der Ungeeignetheit der Waschanlage für das Fahrzeug. Wegen der unterschiedlichen Urteile hatte das Landgericht Münster die Revision zum BGH zugelassen.
Entscheidungsfindung des BGH
Der BGH stellte klar, dass ein Betreiber grundsätzlich nur bei einer von ihm zu vertretenden Pflichtverletzung haftet. Eine verschuldensunabhängige Garantiehaftung wurde ausgeschlossen. Das Urteil hebt jedoch hervor, dass der Betreiber in diesem Fall keine ausreichenden Beweise vorlegen konnte, um nachzuweisen, dass keine Pflichtverletzung vorlag.
Zudem spielten ausgehängte AGB sowie zusätzliche Hinweise wie „Keine Haftung für Anbauteile und Heckspoiler“ eine Rolle. Der BGH bewertete diese Formulierungen so, dass sie bei Nutzern das Vertrauen wecken könnten, serienmäßig ausgestattete Fahrzeuge gefahrlos zu waschen.
Praktische Konsequenzen für Anlagenbetreiber
Aus dem Urteil ergeben sich einige wichtige Punkte für die Praxis:
- Dokumentation der technischen Ordnung der Anlage: Betreiber sollten Prüfprotokolle für die tägliche Inbetriebnahme nutzen und den Zustand der Anlage regelmäßig dokumentieren. Im Schadensfall sollten Videos des Waschvorgangs gespeichert werden.
- Umfassende Beweissicherung: Fotos, Videos und schriftliche Zeugenaussagen – auch von Angestellten – können im Schadensfall entscheidend sein.
- Gutachterwahl: Bei Gutachten sollten öffentlich bestellte und vereidigte Sachverständige für den Bereich „Fahrzeugwaschanlagen“ hinzugezogen werden.
- Vorschäden berücksichtigen: Die Möglichkeit, dass das betroffene Fahrzeug bereits Vorschäden hatte, sollte nicht ausgeschlossen werden. Insbesondere, wenn ähnliche Fahrzeuge zuvor problemlos gewaschen wurden, kann dies ein wichtiger Aspekt sein.
- Keine Listen ungeeigneter Fahrzeuge: Aktuell gibt es keine allgemein anerkannten Listen von Fahrzeugen, die für Waschanlagen ungeeignet sind. In manchen Fahrzeughandbüchern, wie bei bestimmten Modellen von Land Rover, finden sich jedoch Hinweise, die von der Nutzung automatischer Waschanlagen abraten.
- Prüfung und Anpassung von AGB: Ergänzungen zu bestehenden AGB sollten sorgfältig geprüft werden, um Widersprüche zu vermeiden, die im Schadensfall nachteilig sein könnten.
Das Urteil verdeutlicht, dass Betreiber von Waschanlagen ihre Prozesse und Dokumentationen weiter optimieren sollten, um Haftungsrisiken zu minimieren. Die Rechtsprechung zu dieser Thematik bleibt komplex und wird auch künftig von Bedeutung sein.