Mit dem Gesetz zum kontrollierten Umgang mit Cannabis (Cannabisgesetz – CanG) dürfen seit dem 1. April Erwachsene in Deutschland bis zu 25 Gramm Cannabis straffrei für den Eigenkonsum mit sich tragen. Bei durchschnittlich 0,3 Gramm Cannabis pro Joint, entspricht das für die öffentlich erlaubten 25 Gramm etwa 80 Joints.
Darüber hinaus ist der private Anbau von bis zu drei Cannabispflanzen gleichzeitig zum Zwecke des Eigenkonsums erlaubt. Am eigenen Wohnsitz darf eine erwachsene Person insgesamt 50 Gramm getrocknetes Cannabis zum Eigenkonsum besitzen – das wären demnach etwa 160 Joints, also etwa fünf pro Tag.
Für Personen unter 21 Jahre gilt eine Grenze von 30 Gramm Cannabis pro Monat. Der Erwerb und Besitz von Cannabis durch Minderjährige unter 18 Jahre bleiben weiterhin untersagt, genau wie der Konsum im Umkreis von bestimmten Orten (z.B. in Gegenwart minderjähriger Personen, an Schulen, in Fußgängerzonen) als Ordnungswidrigkeit geahndet.
Der Konsum am Arbeitsplatz ist – sofern es sich nicht um einen der in § 5 KCanG genannten Orte handelt– nach dem KCanG zunächst einmal nicht verboten.
Im Arbeitskontext gilt die DGUV Vorschrift 1 „Grundsätze der Prävention“! Nach § 15 Abs. 2 DGUV Vorschrift 1 dürfen Versicherte sich durch den Konsum von Alkohol, Drogen oder anderen berauschenden Mitteln nicht in einen Zustand versetzen, durch den sie sich selbst oder andere gefährden können. Zudem dürfen Unternehmer und Unternehmerinnen nach § 7 Abs. 2 DGUV Vorschrift 1 Versicherte, die erkennbar nicht in der Lage sind, eine Arbeit ohne Gefahr für sich oder andere auszuführen, mit dieser Arbeit nicht beschäftigen. Damit gilt im Arbeitsschutzrecht ein relatives Suchtmittelverbot.
Als Träger der gesetzlichen Unfallversicherung treten Berufsgenossenschaften und Unfallkassen sowie ihr Spitzenverband, die Deutsche Gesetzliche Unfallversicherung e.V. (DGUV) dafür ein, den
Konsum von Alkohol und Cannabis am Arbeitsplatz und in Bildungseinrichtungen gleich zu behandeln. Das heißt: In beiden Fällen muss ein Konsum, der zu Gefährdungen an Arbeitsplätzen und in Bildungseinrichtungen führen kann, ausgeschlossen sein. Deshalb: NULL Alkohol und NULL Cannabis bei Arbeit und Bildung. Dies betrifft auch den versicherten Weg von und zur Arbeit.
Kurzfristige Wirkungen von Cannabis
Welche Wirkungen sich bei einer Person durch den Konsum von Cannabis entfalten, hängt von vielen Einflussfaktoren ab, sodass eine pauschale Aussage nicht möglich ist. Die Art und Weise sowie die Intensität der psychoaktiven Wirkung ist nicht nur vom konsumierten Produkt, dem THC-Gehalt und der aufgenommenen Menge abhängig, sondern wird auch stark von der Stimmungslage und dem Gesundheitszustand der konsumierenden Person, ihrer Persönlichkeit, Konsumerfahrung sowie der Konsumart beeinflusst.
Positiv erlebte Wirkungen liegen vor allem in der physischen und psychischen Entspannung, allerdings können diese von zahlreichen Nebenwirkungen begleitet sein. Daher darf die Legalisierung von Cannabis nicht dazu führen, dass die Wirkung von Cannabis verharmlost wird!
Die leistungseinschränkende Wirkung von Cannabis ist zwar individuell von verschiedenen Faktoren abhängig, allerdings sind die ausgehenden Risiken keinesfalls mit gefährlichen Arbeiten vereinbar. Besonders die Unvorhersehbarkeit der Wirkung und ihre Dauer sowie die damit oftmals verbundene Unterschätzung von Risiken macht den Konsum im Zusammenhang mit der Arbeit problematisch.
Langfristige Wirkungen bei regelmäßigem Konsum
Bei regelmäßigem und über eine längere Zeit anhaltendem Konsum sind Lungen- und Bronchialerkrankungen (bei Aufnahme durch Rauchen oder Dampfeinatmen), Herz-Kreislauf- und Hormonstörungen sowie schwerwiegendere Folgeschäden der Hirnleistung möglich. Abhängig vom Konsumverhalten zeigen sich zum Teil erhebliche Beeinträchtigungen der Lern- und Gedächtnisleistung, aber auch anderer kognitiver Fähigkeiten wie das Problemlösen oder die Aufmerksamkeit. Studien deuten darauf hin, dass durch die lipophilen Eigenschaften der Cannabinoide diese über längere Zeiten im Fettgewebe und damit auch im Gehirn verbleiben können. Damit können sie bei einem Langzeitkonsum die kognitiven Leistungen dauerhaft und nicht nur unter akutem Konsum abbauen.
Ebenso wie bei Alkohol oder anderen Drogen und Medikamenten kann bei regelmäßigem Konsum von Cannabis eine körperliche und psychische Abhängigkeit entstehen
Cannabis-Konsum am Arbeitsplatz – erlaubt?
Im Arbeitsschutzrecht existiert kein absolutes Rauschmittelverbot, sodass Besitz und Konsum von entsprechenden Rauschmitteln im Arbeitsschutzrecht nicht per se untersagt sind. Das KCanG gibt keine wesentlichen Änderungen in Bezug auf den Arbeitsschutz oder Regelungen bezogen auf den Konsum am Arbeitsplatz vor, sodass der Konsum von Cannabis während der Arbeit grundsätzlich erlaubt ist, sofern dies arbeitgeberseitig nicht untersagt ist.
Allerdings sind folgende Einschränkungen dringend zu beachten:
Zum einen darf Cannabis nach dem KCanG nicht in unmittelbarer Nähe von Personen unter 18 Jahren, in Fußgängerzonen zwischen 7 und 20 Uhr sowie in Sichtweite von Schulen, Kinderspielplätzen, Kinder- und Jugendeinrichtungen oder Sportstätten konsumiert werden. Zum anderen dürfen sich Beschäftigte nach § 15 Abs. 2 DGUV Vorschrift 1, trotz der Legalisierung, durch den Konsum von Cannabis nicht in einen Zustand versetzen, durch den sie sich selbst oder andere gefährden können. Dabei spielt es keine Rolle, ob der Konsum während der Arbeitszeit oder vor dem Dienstbeginn stattgefunden hat. Auch dürfen Unternehmer und Unternehmerinnen nach § 7 Abs. 2 DGUV Vorschrift 1 Versicherte nicht mit Arbeiten beschäftigen, wenn diese erkennbar nicht in der Lage sind, diese Arbeit ohne Gefahr für sich oder andere auszuführen. Darüber hinaus gehört es aber auch zu den aus §§ 241 Abs. 2, 242 BGB abzuleitenden Nebenpflichten der Beschäftigten sich nicht in einen Zustand zu versetzen, durch welchen ihre Leistungsfähigkeit zur ordnungsgemäßen Erbringung der vertraglich geschuldeten Tätigkeiten (z. B. auch im Büro) leiden würde. Rein arbeitsrechtlich bedarf es hier im Gegensatz zum Arbeitsschutzrecht auch keiner Eigen- oder Fremdgefährdung.
Da im Arbeitsschutzrecht nur ein relatives Suchtmittelverbot besteht, begründet der alleinige Konsum während der Arbeitszeit für sich betrachtet noch keine arbeitsrechtliche Pflichtverletzung. Es bedarf vielmehr einer konkreten Störung der Arbeitsleistung. Im Einzelfall ist aber z. B. das tatsächliche Gefährdungspotenzial oft schwer einzuschätzen und nachzuweisen. Daher empfiehlt es sich als Arbeitgeber oder Arbeitgeberin, gesonderte betriebliche Regelungen festzulegen, die den Konsum von Cannabis bei der Arbeit und auch in einer erforderlichen Zeit vor Dienstantritt untersagen.
Wissenschaftlich nachgewiesen ist zudem, dass Cannabiskonsum negative Auswirkungen auf die Fahrsicherheit hat und mit einem erhöhten Verkehrsunfallrisiko einhergeht. Eine kürzlich veröffentlichte Studie aus Kanada, wo Cannabis im Oktober 2018 legalisiert wurde, zeigte, dass die Rate der Hospitalisierungen aufgrund von Straßenverkehrsunfällen mit Cannabisbeteiligung im Zeitraum von 2010 bis 2021 um 473 Prozent gestiegen ist.
Beruflich bedingt müssen einige Beschäftigtengruppen regelmäßig am Straßenverkehr teilnehmen, für andere (wie z.B. Straßenarbeiter und -arbeiterinnen oder Beschäftigte im Straßenbetriebsdienst) stellt der Verkehrsraum den Arbeitsplatz dar. Ob die Legalisierung auch in Deutschland zu mehr Straßenverkehrsunfällen führt und damit ein Risiko für die Sicherheit und Gesundheit verschiedener Beschäftigtengruppen darstellt, muss beobachtet werden.
Das Gefahrenpotenzial durch die Legalisierung ist von Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern im Rahmen der Gefährdungsbeurteilung neu einzuordnen, vorhandene Maßnahmen sind auf ihre Wirksamkeit zu prüfen und ggf. ergänzende Präventionsmaßnahmen abzuleiten und umzusetzen.
Verweildauer von THC im Körper
Wie lange die Wirkung von Cannabis anhält, hängt von verschiedenen Faktoren ab, wie z. B. der Art der Aufnahme (inhalativ oder oral) und der Menge des aufgenommenen THCs. Je nach konsumierter Menge kann die Dauer der Wirkung bei sechs bis acht Stunden, manchmal auch bei über 12 Stunden liegen. Allerdings ist zu beachten, dass der Cannabis-Wirkstoff THC wesentlich länger im Körper bleibt als z. B. Alkohol.
Durch ihre lipophile Eigenschaft und der damit einhergehenden Bindung im Gehirn- und Fettgewebe können Cannabinoide auch nach Beendigung des Konsums noch Tage oder Wochen später nachgewiesen werden und psychoaktiv wirksam sein.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass nach derzeitigem Wissensstand noch nicht eindeutig nachgewiesen ist, wie stark sich der gemessene THC-Gehalt im Körper auf die Arbeitsfähigkeit von Personen auswirkt. Demnach liegen gegenwärtig noch keine Grenzwerte oder Empfehlungen für einen zeitlichen Mindestabstand zwischen Konsum und Dienstbeginn vor, ab dem eine Beeinträchtigung der Arbeitsleistung gänzlich ausgeschlossen werden kann.
Unfallversicherungsschutz bei Cannabiseinfluss
Versicherte dürfen sich nach § 15 Abs. 2 DGUV Vorschrift 1 durch den Konsum von Alkohol, Drogen oder anderen berauschenden Mitteln nicht in einen Zustand versetzen, durch den sie sich selbst oder andere gefährden können. Gleichzeitig dürfen Unternehmer und Unternehmerinnen nach § 7 Abs. 2 DGUV Vorschrift 1 Versicherte, die erkennbar nicht in der Lage sind, eine Arbeit ohne Gefahr für sich oder andere auszuführen, mit dieser Arbeit nicht beschäftigen. Darüber hinaus sind Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen nach §§ 3 ff. ArbSchG verpflichtet, entstehende Gefährdungen zu vermeiden und eine verbleibende Gefährdung möglichst gering zu halten. Ausschlaggebend für die Frage nach dem Versicherungsschutz ist, ob ein Arbeitsunfall im Sinne des § 8 SGB VII vorliegt.
Hiernach sind Unfälle zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem Gesundheitsschaden oder zum Tod führen. Diese Unfälle müssen dabei Folge einer den Versicherungsschutz nach § 2, 3 oder 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit) sein. Bei der Prüfung eines Arbeitsunfalls ist, immer auf den individuellen Zustand der betroffenen Person abzustellen. Derzeit führen in Deutschland Arbeits- oder Wegeunfälle unter Cannabiseinfluss daher nicht zwingend zur Ablehnung eines Arbeitsunfalls. Entscheidend ist, ob noch eine versicherte Tätigkeit ausgeübt werden konnte und ob der Unfall rechtlich wesentlich durch den Cannabiskonsum verursacht wurde. Hat eine versicherte Person beispielsweise berauschende Substanzen in so großen Mengen konsumiert, dass sie nicht mehr zu einer ernstlichen, dem Unternehmen dienenden Tätigkeit in der Lage ist (Leistungsausfall), so fehlt es an einem inneren Zusammenhang mit der versicherten Tätigkeit. Ein sodann eintretender Unfall, ist der privaten Risikosphäre zuzuordnen und kann nicht als Arbeitsunfall anerkannt werden. Bei einem Leistungsabfall ist die betroffene Person zwar in ihren Fähigkeiten eingeschränkt, jedoch noch zur Ausübung einer ernstlichen, dem Unternehmen dienenden Tätigkeit in der Lage.
Der Versicherungsschutz entfällt, wenn der Cannabiskonsum die rechtlich wesentliche Ursache für den Unfall war. Zu beachten ist, dass bei Unfällen im Straßenverkehr, bei denen der hierfür maßgebliche Grenzwert überschritten wurden, bei Zweifel an der Unfallursache der Versicherungsschutz entfallen kann.
Nach § 7 Abs. 2 DGUV Vorschrift 1 dürfen Unternehmer und Unternehmerinnen keine Versicherten beschäftigen, die erkennbar nicht in der Lage sind, ihre Arbeit ohne Gefahr für sich oder andere auszuführen. Im Zusammenhang mit dem Cannabiskonsum von Beschäftigten stellt sich die Frage, wann ein Verstoß gegen diese Unfallverhütungsvorschrift zu einer Haftung des Unternehmers oder der Unternehmerin führen und der Regress des Unfallversicherungsträgers gegen den Arbeitgeber oder die Arbeitgeberin eröffnet sein kann (vgl. § 110 Abs. 1 SGB VII). Es ist grundsätzlich die Aufgabe der direkten Vorgesetzten zu entscheiden, ob ein Beschäftigter oder eine Beschäftigte in der Lage ist, die Arbeit sicher auszuführen und im Zweifelsfall einzuschreiten. Die Verletzung von
Unfallverhütungsvorschriften allein reicht jedoch nicht aus, um den Wegfall des
unfallversicherungsrechtlichen Haftungsprivilegs zu begründen. Die Handlung oder das Unterlassen müssen entweder vorsätzlich, d.h. der cannabisinduzierte Rauschzustand und die Gefahrenlage müssen erkennbar gewesen sein und die Weiterbeschäftigung wurde trotzdem bewusst in Kauf genommen, oder grob fahrlässig sein, d.h. es muss ein objektiv schwerer und subjektiv unentschuldbarer Verstoß gegen die Anforderungen der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt vorliegen.
Wenn der Cannabiskonsum als die rechtlich wesentliche Ursache für den Unfall nachgewiesen werden kann, und der Unfall somit nicht als Arbeitsunfall anerkannt wird, hat dies für die versicherte Person den Verlust des Versicherungsschutzes zur Folge.
In solchen Fällen bestehen keine Ansprüche auf Leistungen seitens der gesetzlichen Unfallversicherung. Darüber hinaus handeln Beschäftigte nach § 209 Abs. 1 Nr. 1 SGB VII ordnungswidrig, wenn sie den Vorschriften des § 15 Abs. 2 DGUV Vorschrift 1 fahrlässig zuwiderhandeln. Sie müssen somit nicht nur mit dem möglichen Verlust des Versicherungsschutzes rechnen, sondern solch eine Ordnungswidrigkeit kann nach § 209 Abs. 3 SGB VII auch mit einer Geldbuße bis zu zehntausend Euro geahndet werden.
Cannabisverbot am Arbeitsplatz
Dürfen Unternehmerinnen und Unternehmer ein Cannabisverbot am Arbeitsplatz einführen? Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen dürfen den Konsum von Cannabis und anderen Drogen während der Arbeitszeit untersagen. Unter bestimmten Umständen (z. B. im sicherheitsrelevanten Bereich wie beim Bedienen von Maschinen oder beim Führen von Fahrzeugen) dürfen sie auch das Erscheinen zur Arbeit unter Drogeneinfluss untersagen. In Bezug auf den Cannabiskonsum darf nicht außer Acht gelassen werden, dass Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern den obliegenden Fürsorgeverpflichtungen nachkommen müssen (§ 618 BGB). Demnach müssen sie Schutz- und Sicherheitsvorkehrungen treffen, um Beschäftigte u. a. vor Unfällen zu schützen. Bei Tätigkeiten mit erhöhtem Gefährdungspotenzial ist ein Cannabisverbot daher gegebenenfalls sogar erforderlich.
Der Konsum während der Arbeitszeit kann z. B. durch das Direktionsrecht nach § 106 S. 2 GewO durch (An-)Weisungen oder auch durch ein arbeitsvertragliches Verbot geregelt werden. Sofern ein Personalrat oder ein Betriebsrat vorhanden ist, hat dieser bzgl. des Konsums auf dem Betriebsgelände (z. B. vor dem Dienstantritt, während der Pausenzeiten oder bei Betriebsfesten) ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG, da ein Verbot des Cannabiskonsums das Ordnungsverhalten im Betrieb betrifft. Betriebs- oder Dienstvereinbarungen können die vereinbarten Regelungen schriftlich festhalten. Der Konsum während der Arbeitszeit unterliegt hingegen nicht der Mitbestimmung des Betriebs- oder Personalrats, da hier das mitbestimmungsfreie Arbeitsverhalten betroffen ist.
Verstoßen Beschäftigte gegen ein im Unternehmen geltendes Cannabisverbot, riskieren sie eine Abmahnung oder Kündigung. Hierbei ist nochmal darauf hinzuweisen, dass ein messbarer THC-Gehalt im Körper nicht zwangsläufig mit Ausfallerscheinungen und somit mit „Arbeiten unter Drogeneinfluss“ gleichzusetzen ist. Dies stellt Unternehmer und Unternehmerinnen vor Herausforderungen, da diese individuell entscheiden müssen, ob und wann eine Arbeit unter Drogeneinfluss (im Sinne von Arbeiten unter Ausfallerscheinungen/drogenbedingter Beeinträchtigung der Arbeitsleistung) tatsächlich vorliegt.
Sofern der Konsum von Rauschmitteln in einer Art und Weise erfolgt, die keinerlei Auswirkungen auf die arbeitsvertraglich geschuldete Leistung hat, kann der Arbeitgeber oder die Arbeitgeberin hierüber keine Regelungen treffen, da das allgemeine Persönlichkeitsrecht nach Art 2 Abs.1, Art. 1 Abs.1 GG Arbeitnehmende schützt. D. h. ein allgemeiner Konsum von Cannabis in der Freizeit kann durch Arbeitgebende nicht untersagt werden.
Steht ein Arbeitnehmer oder eine Arbeitnehmerin während der Arbeitszeit unter Cannabiseinfluss,
kann dies allerdings auch ohne ein explizites betriebliches Cannabisverbot arbeitsrechtliche Maßnahmen rechtfertigen. Denn auch ohne ausdrückliches Cannabisverbot dürfen Beschäftigte nach § 15 Abs. 2 DGUV Vorschrift 1 sich durch den Konsum von Alkohol, Drogen oder anderen berauschenden Mitteln nicht in einen Zustand versetzen, durch den sie sich selbst oder andere gefährden können.
Dies bedeutet im Umkehrschluss jedoch auch, wenn kein absolutes Cannabis- oder allgemeines Drogenverbot besteht, dass nicht jeder Konsum während sowie kurz vor der Arbeitszeit oder in den Pausen zwangsweise eine arbeitsvertragliche Pflichtverletzung darstellt. Arbeitnehmende, die maßvoll Cannabis konsumieren, könnten unter bestimmten Voraussetzungen und Rahmenbedingungen noch in der Lage sein, die ihnen obliegenden Pflichten ordnungsgemäß zu erfüllen. Auch dieser Umstand verdeutlicht nochmals die potenzielle Konfliktsituation, in die Arbeitgebende im Kontext der Cannabislegalisierung kommen können, wenn klare Regelungen im Unternehmen fehlen.
Um Konflikten vorzubeugen, klare Regeln im Betrieb in Bezug auf den Cannabis- und den allgemeinen Suchtmittelkonsum zu schaffen und mögliche Konsequenzen transparent zu machen, sollten Unternehmerinnen und Unternehmer auf Grundlage der Ergebnisse ihrer Gefährdungsbeurteilung den Cannabiskonsum bei der Arbeit z. B. durch organisatorische Maßnahmen, wie Betriebs- oder Dienstvereinbarungen, die schriftlich von der Geschäftsführung gemeinsam mit dem Betriebs- oder Personalrat aufgesetzt werden, beschränken oder verbieten.
Betriebliche Drogentests
Grundsätzlich sind betriebliche Drogentests möglich, dies jedoch nur unter Berücksichtigung der arbeitsrechtlichen Gegebenheiten (zu berücksichtigen ist z. B. die Mitbestimmungspflicht oder der Eingriff ins Persönlichkeitsrecht).
Im Verdachtsfall kann ein Arbeitgeber oder eine Arbeitgeberin einen Cannabistest oder eine medizinische Untersuchung einfordern, um später die Rechtmäßigkeit möglicher arbeitsrechtlicher Maßnahmen nachzuweisen. Allerdings dürfen Drogentests ohne Einwilligung der Arbeitnehmenden nicht durchgeführt werden. Bei Einforderung eines Drogentests oder einer ärztlichen Untersuchung sollten dringend die Umstände (konkrete Verdachtsmomente) genauestens festgehalten werden, die zur Forderung einer Testung oder medizinischen Untersuchung geführt haben. Sofern ein Betriebsrat vorhanden ist, hat dieser bei der Einforderung des Drogentests oder der ärztlichen Untersuchung ebenfalls ein Mitgebstimmungsrecht.
Grenzwerte für das Führen von Fahrzeugen
Für die Feststellung der Fahrtüchtigkeit schreibt das Straßenverkehrsgesetz einen zulässigen Grenzwert von 3,5 ng/ml THC im Blutserum fest. Wer diesen überschreitet und ein Fahrzeug führt, handelt ordnungswidrig und muss mit einem Bußgeld und einem Fahrverbot rechnen. Fahranfängerinnen und Fahranfängern in der Probezeit sowie jungen Fahrern und Fahrerinnen unter 21 Jahren ist THC am Steuer generell untersagt.
Werden Verhaltensauffälligkeiten oder andere Hinweise (z. B. typischer Cannabisgeruch) festgestellt, die auf einen Cannabiskonsum hindeuten könnten und die ein sicheres Arbeiten gefährden, sollte der oder die Beschäftigte auf die Beobachtungen angesprochen werden. Dem oder der Beschäftigten kann angeboten werden, einen Cannabistest durchzuführen, um die Vermutung zu widerlegen (am besten einen minimalinvasiven Test, wie z. B. einen Wischtest). Weigert sich der oder die Beschäftigte einen solchen Test im Betrieb durchzuführen, sollte ihm oder ihr angeboten werden den/die Hausarzt/-ärztin oder auch den/die Betriebsarzt/-ärztin aufzusuchen, um einen Nachweis zu bringen, dass er bzw. sie nicht unter Drogeneinfluss steht. Sofern die Person auch dies verweigert, kann das in arbeitsrechtlichen Auseinandersetzungen als weiterer deutlicher Indikator für einen arbeitsrechtlichen Verstoß gesehen werden.
Cannabisprävention im Unternehmen
Die oben erwähnte Betriebs- oder Dienstvereinbarung ist bereits Teil der Präventionsarbeit. Sie kann nicht nur dazu beitragen, den Suchtmittelkonsum und damit auch den Cannabiskonsum am Arbeitsplatz zu regulieren, sondern schafft auch Klarheit in Bezug auf den Umgang mit auffälligen Beschäftigten, indem organisationsspezifische Regeln, Handlungsanleitungen und Interventionsketten festgelegt werden. Zugleich zeigt sie, dass sich der Betrieb mit dem Thema Sucht und dessen Prävention auseinandersetzt, was auch zu einer Enttabuisierung des Themas im Betrieb beiträgt.
Aber auch die Aufklärungsarbeit ist ein wichtiger Baustein der Cannabisprävention. Unternehmen sollten ihre Beschäftigten über mögliche Risiken und Folgen von Cannabiskonsum aufklären sowie für mögliche Gefährdungen bei der Arbeit, die aus einem Konsum resultieren können, sensibilisieren.
Beispielsweise eignet sich die Unterweisung, um mögliche Gefährdungen für die Arbeit anzusprechen und auch darauf aufmerksam zu machen, dass Beschäftigte, bei denen ein Cannabiskonsum oder ein Rausch vermutet wird, nicht weiterarbeiten dürfen. Informationsveranstaltungen,
Aufklärungskampagnen, Aktionstage oder Teambesprechungen können darüber hinaus weitere Maßnahmen sein, um die Sicherheits- und Gesundheitskompetenzen der Beschäftigten in Bezug auf den Umgang mit Cannabis zu stärken. Informationen über (regionale) Hilfs- und Beratungsangebote können von Suchtmittelmissbrauch betroffene Beschäftigte unterstützen, sich an externe Beratungsstellen zu wenden.
Führungskräfte aber auch andere Fachkräfte für Sicherheit und Gesundheit im Betrieb, wie Sicherheitsbeauftragte, Fachkräfte für Arbeitssicherheit oder innerbetriebliche Ansprechperson für Suchtfragen, sollten mögliche Symptome kennen und wissen wie sie auffällige Kolleginnen und Kollegen ansprechen können. Hierfür können sich spezielle Schulungen eignen, in denen das Grundwissen zur Wirkung von Cannabis, Anzeichen eines Konsums und das Vorgehen nach einem Stufenplan vermittelt werden. Einige Unfallversicherungsträger bieten solche Schulungen an.
Fazit
Mit der seit dem 1. April geltenden Legalisierung von Cannabis wird das Thema für die Betriebe deutlich relevanter. Die erlaubten Mengen ermöglichen den Konsum von mehreren Joints täglich. Damit ist auch die Wahrscheinlichkeit gestiegen, dass Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter am Arbeitsplatz Cannabis konsumieren. Im Arbeitsschutzrecht besteht nur ein relatives Suchtmittelverbot, d.h. der Cannabis-Konsum während der Arbeit ist nicht grundsätzlich verboten, wenn sich die/der Konsumierende nicht in einen Zustand versetzt, durch den sie/er sich selbst oder andere gefährden kann.
Bei der Entscheidung, wie mit dem Konsum von Cannabis am Arbeitsplatz umzugehen ist, bekommt auch der versicherungstechnische Aspekt eine wichtige Rolle. Wenn nämlich der Cannabiskonsum als die rechtlich wesentliche Ursache für einen Unfall nachgewiesen werden kann, und der Unfall somit nicht als Arbeitsunfall anerkannt wird, hat dies für die versicherte Person den Verlust des Versicherungsschutzes zur Folge.
Aus diesem Grund empfiehlt u.a. die DGUV Arbeitgeberinnen und Arbeitgebern, gesonderte betriebliche Regelungen festzulegen, die den Konsum von Cannabis bei der Arbeit und auch in einer erforderlichen Zeit vor Dienstantritt untersagen.
Quelle:
Die Cannabislegalisierung und ihre Bedeutung für die Sicherheit und Gesundheit bei der Arbeit - Antworten auf häufige Fragen. Hrsg. von der DGUV