Ökobilanz E-Auto

iStock

Verbrenner gegen Stromer

Die Frage nach der Ökobilanz eines E-Fahrzeugs ist ein Thema, um das immer wieder heftige Diskussionen geführt werden. Weltbilder und Wünsche stehen hinter diesen Auseinandersetzungen, von denen, die Verbrenner so schnell wie möglich von der Straße verbannen wollen, und von denen, die in Fahrzeugen mit Benzin- oder Dieselmotor zumindest noch für eine ganze Zeit ein alternativloses Mittel der Fortbewegung sehen.

Die Emotionalität der Debatte hat wohl auch mit der Komplexität des Themas zu tun. Eine Ökobilanz, wenn sie seriös sein will, muss eine große Zahl von sehr verschiedenen Faktoren einbeziehen. Jeder dieser Faktoren sollte mit verlässlichen Daten unterfüttert werden, doch diese zu bekommen erweist sich als nicht immer leicht. Wenn es z.B. um die CO2-Emissionen bei der Batterieproduktion geht, dann ist die Datenlage dünn, weil die Hersteller Daten nur sehr spärlich oder gar nicht herausgeben.

Zu welchen Ergebnissen das führt, zeigt sich beispielhaft bei der im April 2019 vom Ifo-Institut herausgebrachten und in den Medien mit großer Aufmerksamkeit bedachten Studie „Kohlemotoren, Windmotoren und Dieselmotoren: Was zeigt die CO2-Bilanz?“ Sie bescheinigte dem Tesla Modell 3 eine deutlich schlechtere CO2-Bilanz als einem Mercedes C 220 D.

Schlüsselfaktor Batterie

Diese Aussage wird u.a. bestimmt durch Zahlen einer schwedischen Studie aus dem Jahr 2017. Danach werden pro kWh Batteriekapazität zwischen 145 und 195 kg an CO2-Äquivalenten ausgestoßen. Für eine Tesla-Batterie von 75 kWh bedeutet das einen zusätzlichen CO2-Ausstoß von 10.875 bis 14.625 kg CO2. Bei einer vom Ifo-Institut angenommen jährlichen Laufleistung von 15.000 km und einer Haltbarkeit der Batterie von 10 Jahren würde der Elektromotor pro Kilometer zwischen 65 und 82 % mehr CO2 emittieren als ein Dieselmotor, hätte also eine deutlich schlechtere Ökobilanz.

2019 wurde die schwedische Studie überarbeitet, weil die rasant steigende Batterieproduktion deutlich effizienter geworden ist. Nun nennt sie nur noch 85 kg CO2-Äquivalent pro kWh Batteriekapazität, das ist die Hälfte. Es gibt weitere Untersuchungen, die sogar von einem Wert ausgehen, der bei nur 40 kg liegt.

Was noch kalkuliert werden muss

Das ist aber nicht die einzige Variable, die in die Berechnungen einbezogen werden muss. Wie sieht es mit der Laufleistung der Batterie aus? Sind die vom Ifo-Institut angenommenen 150.000 km realistisch? Sie sind zumindest niedrig angesetzt, denn andere Studien nennen Laufleistungen zwischen 250.000 und 2 Mio. km.

Des Weiteren muss der zur Verfügung stehende Energiemix in Betracht gezogen werden. Da ist die Tendenz zu „grünerem“ Strom zu beobachten, also zu solchem, bei dem der Anteil aus regenerativen Energiequellen zunimmt. Über die Jahre der Nutzung eines E-Fahrzeugs ändern sich also auch diese Werte.

Weiter sollten die Verbrauchswerte der Verbrenner möglichst genau sein. Die Wahrheit ist auf der Straße und weniger im Katalog der Hersteller zu finden. Je nach Messmethode sind da Differenzen bis zu 40 % zwischen den Herstellerangaben und den auf der Straße tatsächlich erzielten Werten zu festzustellen.

Schließlich sollte auch nicht außer acht gelassen werden, dass bei der Herstellung von Treibstoffen ebenfalls CO2 anfällt. Demnach müssten bei Benzinern 30 % und bei Diesel 24 % auf die Gesamtemissionen draufgererechnet werden.

CO2-Rucksack wird kleiner

Wenn alle diese Faktoren berücksichtigt werden, dann ergibt sich ein Bild, das sich von der oben erwähnten Studie des Ifo-Instituts deutlich unterscheidet. Nach einer in diesem Jahr herausgebrachten Untersuchung der TU Eindhoven („ Comparing the lifetime green house gas emissions of electric cars with the emissions of cars using gasoline or diesel“), die die genannten Komponenten berücksichtigt, erreicht ein Tesla 3 mit seinem nach der Produktion größeren CO2-Rucksack bereits nach 30.000 km den Mercedes C 220d.

In dieser Studie wird auch darauf hingewiesen, dass die CO2-Emissionen bei der Herstellung von Verbrennern und Stromern kontinuierlich sinke. Damit rücke die Effizienz der Antriebe immer mehr in den Mittelpunkt, die von den Autoren als vier Mal besser bei E-Mototen als bei Dieselmotoren berechnet wird.

Damit die Vergleiche zwischen Verbrennern und Stromern wirklich sinnvoll werden, müssen verlässliche Zahlen gewonnen und verwendet werden. Nur so können seriöse Aussagen gemacht werden, auch gegenüber Kunden, die sich für ihren nächsten Pkw interessieren. Dass das für die Branche von immenser Wichtigkeit ist, versteht sich von selbst. Es geht schließlich um nichts anderes als um die Zukunft der Mobilität und damit auch um die Zukunft von Autohäusern und Werkstätten.