Berufliche Qualifikation trotz sprachlicher Defizite

TOPMOTIVE, DAT und Landesverband mit gemeinsamem Projekt

v.l. Jan-Nikolas Sontag (Geschäftsführer LV des Kfz-Gewerbe S-H), Nina Eskildsen (Präsidentin LV des Kfz-Gewerbe S-H), André Klinkert (Produktentwickler topmotive), Anja Pleus (Geschäftsführerin topmotive)

Wie lässt sie sich verändern, die paradoxe Situation, dass einerseits in der deutschen Wirtschaft ein eklatanter Fachkräftemangel herrscht, andererseits Menschen nach Deutschland einwandern, die gerne die notwendigen Qualifikationen erwerben wollen, um in diesem Land arbeiten zu können, aber in der Ausbildung an ihren mangelnden Sprachkenntnissen scheitern? Es fehlt nicht an Vorschlägen, doch zeichnet sich deutlich ab, dass es keine schnelle Lösung geben wird. Ist es damit also getan – zu warten, bis sich irgendein Ausweg findet?

Sicher nicht! Stattdessen geht es darum, potenziellen Fachkräften eine Möglichkeit zu eröffnen, um eine qualitativ hochwertige Ausbildung zu durchlaufen und das trotz sprachlicher Einschränkungen. Genau das ist der Ansatz, der hinter der Entwicklung einer elektronischen Anwendung steckt, die die TOPMOTIVE Gruppe in Kooperation mit der Deutschen Automobil Treuhand (DAT) und dem Landesverband des Kfz-Gewerbes Schleswig-Holstein erarbeitet hat.

Die TOPMOTIVE Gruppe mit ihrem Hauptsitz im schleswig-holsteinischen Bargteheide besteht aus Europas führenden Unternehmen im Bereich Katalog- und Informationssysteme sowie passgenauen Services im Automotive Market. Als Beispiel für das neueste Produkt für Autofahrende sei fahrzeugschein.de genannt, eine Marketplace-Plattform mit Informationen rund ums eigene Fahrzeug. Sie ist direkt – also ohne lästiges Eintippen – verfügbar durch das KI-unterstützte Einscannen des Fahrzeugscheins. Dadurch lassen sich Informationen über Eigenschaften des Fahrzeugs wie Größe und mögliche Lasten gewinnen, die Anwendung nimmt aber auch eine Berechnung des Restwerts vor und kann den Verkauf des Fahrzeugs einleiten. Gleichzeitig ist über fahrzeugschein.de ein Versicherungsvergleich und -abschluss möglich die Angabe über die Höhe der jährlichen Kfz-Steuer verfügbar sowie  eine Übersicht für passendes Zubehör oder Ersatzteile auffindbar.
 

„kfz-translator“ verfügbar in  27 Sprachen

Was die Nachwuchs- und Fachkräftegewinnung angeht, hat TOPMOTIVE bereits gemeinsam mit Schrauberblog.de, hinter der sich die größte deutschsprachige Schrauber-Community verbirgt, die Jobplattform Schrauberjobs.com mit Stellenanzeigen rund um technische und kaufmännische Berufe in der Automobilbranche gegründet. Hier finden sich nicht nur Informationen über Bewerbungsverfahren, Gehaltsverhandlungen und Weiterbildungsmöglichkeiten, es werden potentiellen Kandidaten mithilfe von Multiple Choice auch einfache statt langer ausformulierter Bewerbungen möglich gemacht.

Nun also das Übersetzungstool „kfz-translator“ (www.kfz-translator.de), das in 27 Sprachen zur Verfügung steht. Basis des ausführlichen Lexikons mit etwa 400.000 Fachbegriffen rund ums Fahrzeug sind die Katalog- und Warenwirtschaftssysteme für Teilehersteller, Teilehändler und Werkstätten, die TOPMOTIVE europaweit für seine Kunden bereitstellt. Das Ergebnis der Zusammenarbeit mit dem Landesverband und der DAT, die die technischen Zeichnungen bereitgestellt hat, ist für Anja Pleus, Inhaberin und Geschäftsführerin der TOPMOTIVE Gruppe, sehr wichtig. Sie bedauert es, wenn junge Menschen, die z.T. schon Qualifikationen erworben haben, in einer Lehre an der Sprachbarriere scheitern: „Da kommt beispielsweise ein junger Mann mit einem großen Talent fürs Schrauben in einen Betrieb und kann seine Ausbildung nicht erfolgreich abschließen – nicht, weil er das technisch nicht auf die Reihe bekommt, sondern weil ihm die deutschen Fachbegriffe rund ums Auto fehlen. Aus diesem Grund haben wir das Übersetzungstool kfz-translator entwickelt. Das kann der Azubi im täglichen Berufsleben nutzen. Wenn er beispielsweise in der Werkstatt ein Teil nicht auf Deutsch benennen kann, dann gibt er den Begriff in seiner Muttersprache ein, um an die deutsche Übersetzung zu kommen. Oder aber er ist mit einem deutschen Begriff konfrontiert, weiß aber nicht, was das Wort bedeuten soll. Gibt er das Wort ein, bekommt er die Übersetzung in seiner Muttersprache.“

Integration durch berufliche Teilhabe

Martin Seydell, stellvertretender Geschäftsführer des Kfz-Landesverbandes und dort u.a. für Berufsbildung zuständig, begrüßt ebenfalls die Entwicklung eines solchen Übersetzungstools wie „kfz-translator“: „Wir wissen von unseren Mitgliedsbetrieben, wie sehr ihnen das Thema Ausbildung unter den Nägeln brennt. Da ist sehr oft das Bedauern zu erleben, dass es jemand mit guten technischen Fähigkeiten nicht schafft, seine Ausbildung erfolgreich abzuschließen, weil es an Kompetenz im Gebrauch der deutschen Sprache mangelt. Dabei ist die Teilhabe am beruflichen Leben ein elementarer Bestandteil einer erfolgreichen Integration. Überspitzt gesagt: Es wäre blöd, wenn all das verhindert wird, weil jemand nicht sofort weiß, was das Wort Bremsscheibe bedeutet. Deswegen bin ich sehr froh, dass technische Verständnisschwierigkeiten durch die Initiative von Topmotive reduziert werden können. Bestandteil dieser technischen Anwendung sind neben den reinen Fachbegriffen auch Zeichnungen z.B. von Bauteilen, die von der DAT beigesteuert wurden. Beide haben sich mit ihrer Expertise bei kfz-translator als wertvolle Partner des Landesverbandes und damit auch seiner Mitglieder erwiesen.“

Björn Bigga, Vorsitzender des Berufsbildungsausschusses im Landesverband, weist darauf hin, wie sich das neue Hilfsmittel in das Gesamtkonzept des Landesverbandes einfügt: „Das Übersetzungstool passt sehr gut zu den Angeboten, die der Landesverband den Mitgliedsbetrieben macht, um sie im Bereich Integration von ausländischen Mitarbeitern zu unterstützen. Dazu gehören Schulungen, wie z.B. Azubi-Seminare, bei denen auch regelmäßig junge Leute mit ausländischen Wurzeln in der Kommunikation mit ihren Ausbildenden unterrichtet werden. Für die Ausbildungsverantwortlichen selbst gibt es ebenfalls Schulungen, in denen die Herausforderungen im Umgang mit einer Generation von Berufsanfängern angesprochen werden, die zu einem bedeutenden Anteil Defizite in der deutschen Sprache haben.“

Alle Beteiligten sind sich einig, dass die Prüfungsordnung im Bezug auf Sprache unbedingt angepasst werden muss oder zumindest hinsichtlich der Hilfsmittel innerhalb der Prüfung. Die digitale Prüfung biete dafür viele Möglichkeiten.

Neuestes Projekt des Landesverbandes ist TEAM. Hinter dem Akronym verbirgt sich der Technisch Assistierende Mechatroniker. Nur so viel zu dieser Initiative, über die an anderer Stelle ausführlich berichtet werden wird: Auch hierbei geht es um das Thema Integration, um Teilhabe am beruflichen Leben für Menschen, die nicht über die erforderlichen Kompetenzen verfügen, die für den üblichen Berufsschulunterricht erforderlich sind.