Eine neue Zukunft des Stellens und Empfangens von Rechnungen wird in Kürze Realität sein. Ab 1. Januar 2025 wird es im B2B-Bereich, also bei geschäftlichen Aktivitäten zwischen Unternehmen, vorrangig sogenannte E-Rechnungen geben. Was diese Änderung z.B. für die Kfz-Branche ganz konkret bedeutet, das besprechen Jan-Nikolas Sontag, Geschäftsführer des Landesverbandes des Kfz-Gewerbes Schleswig-Holstein, und Jan Osterloh, Inhaber einer Steuerkanzlei.

Jan-Nikolas Sontag
Verpflichtende E-Rechnung im B2B-Bereich ab dem 1. Januar 2025: Das klingt für mich auf den ersten Blick Erst einmal unspektakulär. Nach einer Rechnung, die ich ganz bequem als PDF oder als Bilddatei an meine Geschäftspartnerinnen und Geschäftspartner versende. Ist das Prozedere wirklich so einfach, Herr Osterloh?
Jan Osterloh
Tatsächlich steckt in dem Thema viel mehr. Es ist viel komplexer, als es auf den ersten Blick scheint. Denn hinter der E-Rechnung verbirgt sich ein strukturierter Datensatz, der es ermöglicht, hinterlegte Daten automatisiert übermitteln und verarbeiten zu können. Konkret regelt das die europäische Norm EU 16931.
Jan-Nikolas Sontag
…was mit einem PDF-Dokument oder einem Foto nicht möglich ist…?!
Jan Osterloh
Ja, genau. Diese Arten der Datei-Formate werden künftig unter dem Begriff der „sonstigen Rechnungen“ zusammengefasst.
Jan-Nikolas Sontag
Und die dürfen dann nicht mehr als Rechnung im B2B-Bereich versendet werden?
Jan Osterloh
Doch, dürfen sie. Allerdings nur noch innerhalb der Übergangsfrist bis Ende 2026 und unter einer besonderen Voraussetzung: Der Rechnungsempfänger muss zustimmen. Das kann, nach aktuellem Stand, aber auch konkludent erfolgen. Also indem der Empfänger die Rechnung in ihrer Form akzeptiert. Oder anders formuliert: Indem er nicht widerspricht. Zusätzlich zu dieser ersten Übergangsphase gibt es für alle Unternehmen, deren Jahresumsatz im Jahr 2026 unter der Grenze von 800.000 Euro liegt, die Möglichkeit, sonstige Rechnungen noch bis Ende 2027 zu versenden. Allerdings bezieht sich diese Umsatzgrenze nicht auf das B2B-Geschäft, sondern meint sämtliche Umsätze. In meinen Augen ist diese Übergangsfrist aber ohnehin nur ein theoretisches Konzept, das in der Praxis wohl wenig Bestand haben wird. Insbesondere im Kfz-Gewerbe.

Jan-Nikolas Sontag
Wie meinen Sie das?
Jan Osterloh
Im B2B-Alltag geht es ja nicht nur darum, Rechnungen zu verschicken, sondern auch Rechnungen zu empfangen. Kommen die von Geschäftspartnerinnen und Geschäftspartnern mit entsprechender Umsatzstärke, also mit mehr als 800.000 €, sind diese ohnehin – spätestens ab dem 1. Januar 2026 - zur Nutzung der E-Rechnung verpflichtet. Werden also E-Rechnungs-Datensätze von diesen Firmen versendet, müssen auch die Empfänger in der Lage sein, sie zu verarbeiten. Und dazu werden spezielle Programme, bzw. Prozesse benötigt.
Jan-Nikolas Sontag
Wenn ich das richtig verstehe, sind dann ja doch alle Unternehmen, insbesondere aber auch die Kfz-Betriebe, unabhängig vom Umsatz, von der E-Rechnungspflicht schon ab dem 1. Januar 2025 betroffen. Schließlich hat ja selbst eine kleine Werkstatt bspw. einen Ersatzteillieferanten, der garantiert deutlich über der 800.000 € Umsatzgrenze liegt.
Jan Osterloh
Genau. Deshalb rate ich auch dringend jedem Betrieb dazu, direkt in das Thema einzusteigen und die entsprechenden, internen Prozesse anzupassen. Nur so ist das Unternehmen vorbereitet, wenn der erste E-Rechnungs-Datensatz eingeht.
Jan-Nikolas Sontag
Spricht noch etwas dafür, trotz der eingeräumten Einführungsphase sofort zu handeln?
Jan Osterloh
Denjenigen, die auf eine Verschiebung der konkreten Umsetzung spekulieren, kann ich wenig Hoffnung machen. Immerhin sind wir im europäischen Vergleich eines der letzten Länder, die die verpflichtende E-Rechnung für B2B umsetzen. Vorreiter ist übrigens Italien, das das Gesetz als erstes EU-Mitgliedsstaat eingeführt hat.
Jan-Nikolas Sontag
Ok, das ist auch ein interessanter Aspekt. Und was müssen Unternehmerinnen und Unternehmer, insbesondere auch im Kfz-Gewerbe, jetzt tun, um schon zu Beginn des kommenden Jahres auf den Eingang solcher Rechnungsdatensätze vorbereitet zu sein?
Jan Osterloh
Vorbereitung ist ein gutes Stichwort. Ich rate allen Unternehmerinnen und Unternehmern dringend, sich zeitnah mit ihrem digital aufgestellten Steuerbüro auszutauschen und zu definieren, welche Maßnahmen innerbetrieblich nötig sind. Es muss klar beantwortet werden können, wer, wie und wann welche digitalen Voraussetzungen schaffen kann, damit die Umstellung reibungslos gelingt. Denn auch bei den E-Rechnungs-Datensätzen selbst gibt es Unterschiede. Unternehmen sollten sich zum Beispiel Gedanken machen, ob sie auf die sogenannte Zugpferd-Variante setzen wollen, also auf eine Kombination aus dem reinen Datensatz, der nur digital erfasst und bearbeitet werden kann, und einer lesbaren PDF-Variante. Außerdem sollten sich Gewerbetreibende in der Kfz-Branche unbedingt mit ihrem Dealer-Management-System auseinandersetzen, um auch dort passende Lösungen zu finden. Gegebenenfalls sollte nach entsprechenden Updates gefragt werden.
Jan-Nikolas Sontag
Wenn ich so auf den Kalender schaue, muss ich feststellen, dass die Schonfrist, in der solche digitalen Prozesse noch aufgeschoben werden können, sehr überschaubar ist…
Jan Osterloh
Stimmt. Ich weiß aber aus Erfahrung, dass auch diese Herausforderung eine große Chance sein wird: Das immer gern vertagte Thema Digitalisierung – auch und insbesondere in kleinen und mittelständischen Unternehmen – wird jetzt angepackt und schnell wird den Beteiligten dann klar werden, welches Potenzial darin steckt. Wer digitale Prozesse, zum Beispiel in der Buchhaltung oder Lohnsachbearbeitung nutzt und optimalerweise mit einem digital aufgestellten Steuerbüro zusammenarbeitet, der hat unterm Strich mehr Zeit und Ressourcen für sein Kerngeschäft.