Kfz-Verband Schleswig-Holstein, Politik und ADAC feiern Schiedsstellen
Die Zahl ist beeindruckend: Bis zu 600 Streitfälle zwischen Autobesitzern sowie Werkstatt oder Händler landen jährlich bei der Kfz-Schiedsstelle Schleswig-Holstein. Am Ende gelingt es meistens, den Gang vor ein Gericht zu vermeiden. Diese erfolgreiche, gemeinsam vom ADAC und dem Verband des Kfz-Gewerbes betriebene Institution feierte am 2. September in der Business Lounge der wunderino Arena Kiel ihr 50-jähriges Bestehen.
Schiedsstellen des Kfz-Gewerbes zählen zu den ältesten Institutionen dieser Art in Deutschland. Sie haben gemäß dem Motto „Vertragen statt klagen“ eine hohe Befriedungsquote. „Da kann auch das seit 2016 gültige Verbraucherstreitbeilegungsgesetz nicht mithalten“, formulierte selbstbewußt Gerhard Hillebrand, Vorsitzender des ADAC Schleswig-Holstein und Verkehrspräsident im ADAC, in seiner Begrüßungsrede. Bei dem von der Politik 2020 gesetzlich fixierten Verfahren könnten Unternehmen selbst entscheiden, ob sie überhaupt am Streitbeilegungsverfahren teilnehmen wollten. Außerdem müsse das Unternehmen – anders als in der Kfz-Schiedsstelle – den Schlichterspruch nicht unbedingt anerkennen. „Das sind aus unserer Sicht für den Verbraucher zu viele Unwägbarkeiten“, so Hillebrand weiter.
Dagegen sei das System der Kfz-Schiedsstellen von ADAC und Kfz-Verband bestens etabliert.
Werkstätten, die Mitglied der Innung sind, nähmen an diesem Verfahren teil. Komme es zu einem Schlichterspruch, sei dieser für die Werkstatt bindend. „Deshalb sind unsere Schlichtungen nachweislich so erfolgreich und aus diesem Grund auch in Zukunft unverzichtbar“, so der Vorsitzende.
Die verbraucherfreundliche Organisationsstruktur des Verfahrens sei für seinen hohen Bekanntheitsgrad verantwortlich: „Es bietet bis heute ein wirklich gut funktionierendes und für die Kunden kostenloses Schlichtungsverfahren. Durch den Einsatz der Schiedsstellen-Kommissionen können die Verbraucher sicher sein, dass sie mit ihrem Anliegen auf fachlich kompetente und praxiserfahrene Experten treffen.“ An dieser Stelle dankte der ADAC-Landesvorsitzende den vielen Helferinnen und Helfern in der Schiedsstelenarbeit.
Tatsächliche Zahl der Schlichtungen höher
Tim Schneider, Vizepräsident und Landesinnungsmeister des Verbandes des Kfz-Gewerbes in Schleswig-Holstein e.V., betonte, dass sich durch die hohe Anzahl der informellen Vorschlichtungen die tatsächliche Leistung der Schlichter gar nicht realistisch in den Fallzahlen widerspiegele.
Seit fünf Jahren würden nur die Verfahren der Schiedsstelle auf Landesebene gezählt, so dass die erfassten Fälle seit 2017 mit 345 oder 98 im Jahr 2020 nicht die tatsächliche Schlichteraktivitäten widerspiegelten.
Der Geschäftsführer des Verbands, Jan-Nikolas Sontag gab einen Einblick in die Arbeit der Schiedsstellen und interviewte dazu Mitglieder der Schiedskommission. Dabei wurde deutlich, dass sich viele Fälle, bei denen Verbraucher unsachgemässe Arbeit, nicht nachvollziehbare oder vermeintlich zu hohe Rechnungen und ähnliches monierten, durch die Schlichter auf Augenhöhe klären ließen. Es habe sich gezeigt, dass dadurch das beschädigte Vertrauensverhältnis der Kundinnen und Kunden zum Kfz-Betrieb wieder hergestellt werde. „Dies ist für eine weiter andauernde erfolgreiche Kundenbeziehung natürlich enorm wichtig“, so das Fazit von Sontag.
Als Vertreter des zuständigen Landesministeriums überbrachte Dr. Dirk Bahrenfuss, Leiter der Abteilung „Rechts- und justizpolitische Angelegenheiten, Gerichte und Staatsanwaltschaften, Gnadenwesen“ im schleswig-holsteinischen Justizministerium, Grüße und Glückwünsche. Er betonte in seinem Grußwort die Bedeutung der Kfz-Schiedsstellen für die Entlastung der Gerichte. Die außergerichtliche Streitschlichtung werde auch von Seiten der Justiz als der vorzugswürdigere Weg gesehen.
„Was haben Mark Foster sowie Rumpelstilzchen mit Verjährungs- und Haftungsfristverkürzung im Gebrauchtwagenhandel zu tun“ lautete die Frage, die das Thema des Vortrags von Professor Ansgar Staudinger bildete. Launig und amüsant, aber in der Sache mit einer gehörigen Portion bissiger Ironie skizzierte der Vorsitzende des Deutschen Verkehrsgerichtstages die Versäumnisse der Bundesrepublik Deutschland bei der Umsetzung von EU-Richtlinien. Die Ministerialbürokratie habe die Realisierung der Brüsseler Vorgaben über Jahre schlicht ausgesessen.