Die Delegiertentagung vom 6. Juni im Kieler Verbandshaus begann mit der Begrüßung durch die Präsidentin des Landesverbandes Nina Eskildsen. Sie sprach über die verschiedenen Termine, die in den vorangegangenen Monaten absolviert wurden und skizzierte dabei auch die Herausforderungen, vor denen das Gewerbe im „echten Norden“ steht.
Es sei weiterhin eine große Verunsicherung beim Thema E-Mobilität zu verspüren, gefördert durch das abrupte Runterfahren staatlicher Förderung und mittlerweile auch durch die Kommunikation der Hersteller, von denen zumindest einige„durch die Blume“ eine mögliche Verlängerung der Verbrenner-Produktion kommunizierten.
Das weiterhin eklatante Fehlen von Fach- und ganz allgemein Arbeitskräften führe u.a. zu langen Wartezeiten für Servicetermine. Vier Wochen Vorlauf – dafür hätten nicht alle Kundinnen und Kunden Verständnis. „Dann gehen wir halt woanders hin“, bekäme der Service häufiger zu hören. Da sei es nur ein schwacher Trost, dass es bei der Konkurrenz nicht anders aussehe. Immerhin kämen aus diesem Grund einige „Auswanderer“ wieder zurück. Dieser Situation mache aber auch die Bearbeitung von Kundschaft, die ohne Termin käme, bspw. solche, die sich gerade auf der Durchreise befinde, zu einer äußerst schwierigen Angelegenheit. „Wir können ja nicht einen Kunden, der sich vor Wochen für einen Termin angemeldet hat, mal eben von der Hebebühne schubsen, um das Problem eines Liegenbleibers zu analysieren“, so die Präsidentin.
Extrem volatiler Markt
Im Anschluss an die Begrüßung nahm Tim Schneider, Vizepräsident des Landesverbandes, Ehrungen für die anwesenden „Geburtstagskinder“ vor. Außerdem wies er ebenfalls auf die angespannte Situation im Service hin. „Vielleicht“, so die Hoffnung von Tim Schneider, „wird uns die KI da eine Hilfe sein können, wenn es um Abarbeitung von Telefonanrufen geht, denn das Telefon klingelt bei uns ja ununterbrochen.“
Danach gab Geschäftsführer Jan-Nikolas Sontag einen Überblick über die Arbeit des Landesverbandes in den vergangenen Monaten und sprach ebenfalls über die allgemeinen Rahmenbedingungen, denen die Betriebe im Land ausgesetzt seien. „Ich kann mich nicht daran erinnern, dass es in den 14 Jahren, in denen ich hier bin, je so einen volatilen Markt gegeben hat. Nur zwei Zahlen will ich nennen, um das zu unterstreichen: Bei den Zulassungszahlen rein elektrischer Fahrzeuge hat es im April gegenüber dem Vorjahresmonat einen Rückgang um 0,2 % gegeben, im Mai dagegen einen Rückgang von über 30 %.“ Eine äußerst angespannte Situation gebe es auch auf dem Markt der gebrauchten E-Fahrzeuge. Händler, die solche Fahrzeuge zurücknehmen müssten, könnten einem leid tun.
Neue Mautpflicht mit Ausnahmen
Zu den Themen, an denen der Landesverband in den letzten Monaten gearbeitet habe, gehörten u.a. die „State-of-Health“-Prüfungen, die Zustandsprüfungen bei den Batterien von E-Fahrzeugen, aus denen sich mglw. ein Geschäftsmodell für die Betriebe entwickeln lasse. Im Moment sehe es eher so aus, als sei das eher im Sachverständigenwesen angesiedelt. Außerdem sei ein Fahrplan für bidirektionales Laden entwickelt worden, mit dem ZDK werde intensiv über die Prüfstützpunkte-Überprüfung diskutiert, mit dem Ziel, den „Wildwuchs“ bei den Überprüfungen zu reduzieren und bundesweit geltende Standards einzuführen.
Birgit Hamann vom Landesverband referierte noch zum Thema Mautpflicht. Zum 1. Juli wird es eine Mautpflicht für Fahrzeuge über 3,5 t und unter 7,5 t geben. Dafür gibt es allerdings eine Handwerker-Ausnahmeregelung. Es müsse dafür immer ein Mitarbeiter des Betriebs am Steuer sitzen. Wenn handwerklich vom Unternehmen gefertigte Güter geladen worden seien, dann seien sie von der Mautpflicht ausgenommen. Das gelte nicht für industriell hergestellte Waren. Wenn also fabrikneue Autos zwischen zwei Standorten transportiert werden, dann unterliegen sie der Mautpflicht.
KI nicht ad acta legen
Martin Seydell nahm kurz zum Thema KI Stellung. Die vom Landesverband entwickelten Seminare seien erfreulicherweise zu einem Geschäftsmodell geworden. Das Angebot sei sehr gut angenommen worden, sowohl von den Kreishandwerkerschaften als auch von anderen Landesverbänden. Er zeigte eine Graphik, auf der sechs Phasen der KI-Welle nachvollzogen werden konnten. Es habe mit Unwissenheit begonnen, recht schnell wurde Begeisterung entwickelt. Danach habe sich aber die Enttäuschung darüber breit gemacht, dass es in vielen Fällen nicht das Allheilmittel gewesen sei oder dass es eben nicht so perfekt funktionierte, wie erhofft. Die dazu kommende Omnipräsenz des Themas habe zu einem Überdruss geführt. Dabei werde verkannt, dass die Entwicklung generativer KI weiterhin im Wochentakt ausgezeichnete neue Anwendungen hervorbringe, von denen viele jedoch nichts wüßten. Damit sei eine neue Stufe der Unwissenheit erreicht worden. Sein Fazit lautete: „Ich glaube, dass das Rückgrat der Kfz-Betriebe in Zukunft von der KI gebildet werden wird! Daher möchte ich allen den Tipp geben, sich weiterhin für das Thema zu interessieren.“
Junge Kräfte in die Verbandsarbeit integrieren
ZDK-Präsident Arne Joswig gab danach einen ausführlichen Rapport über das erste Jahr im Amt. Es habe in dieser Zeit umfangreiche personelle Veränderungen gegeben, aber auch Prozesse-seien neu gestaltet worden. Damit habe eine größere Verlässlichkeit erreicht werden können, wenn z.B. eine Email innerhalb von maximal zwei Stunden beantwortet werde. Durch diese Neuordnung sei aber auch für einige ein Stück Sicherheit verloren gegangen. Ihm sei es deshalb sehr wichtig, alle auf dem eingeschlagenen Weg mitzunehmen, auch wenn das individuelle Tempo unterschiedlich sei.
Für den ZDK, für die Landesverbände bis hin zu den Innungen sei es überlebenswichtig, junge Kräfte in die Verbandsarbeit zu integrieren. Das sei möglich, wenn es gelänge, die Bedeutung der Branche deutlich zu machen. „40.000 Betriebe, 470.000 Beschäftigte, 95.000 Azubis. 220 Mrd. Umsatz. „Das sind Mega-Zahlen, die weder die Mitglieder, noch die Junioren, noch die Politik kennen und damit wissen die meisten nicht, wie bedeutend wir sind“, so der ZDK-Präsdident.
Als wichtige Organisation sei die Präsenz auf dem europäischen Parkett unbedingt erforderlich. Im Moment, so Arne Joswig, herrsche, was die Arbeit in Brüssel angehe, durch die anstehende Neuordnung der Gremien nach den Wahlen, Stillstand. Der werde sich erst im Herbst auflösen. Dann seien neue Anläufe des ZDK geplant, um bspw. das Thema Fahrzeugdaten zu diskutieren und zu Regelungen zu kommen, die den Interessen der Beteiligten – Politik, Hersteller und Verband – möglichst umfassend entsprächen: „Das kriegen wir hin, da bin ich mir sicher!“
Berührungsängste abbauen
Weiter berichtete Arne Joswig von der Nutzung der neuen Räumlichkeiten der Hauptstadt-Repräsentanz. Es fänden dort viele Veranstaltungen statt mit Organisationen und Playern, die im Bereich Automotive aktiv sind. Auf den ersten Blick Überraschendes verriet der ZDK-Präsident: „Auch Umweltverbände haben wir für Tagungen eingeladen. Ich bin nicht dafür, dass wir die Tür abschließen und sagen sollten: Die kommen hier nicht rein! Wir haben schon einige Veranstaltungen bei uns im Haus gehabt, wodurch ein Dialog entstanden ist, den ich für unbedingt wichtig halte.“ Dass dieser integrative Ansatz durchaus auf Wohlwollen stieß, zeigte der Beifall der Anwesenden am Ende seiner Ausführungen.
Den letzten Part, ehe es nach einer Pause zur Behandlung verbandsrechtlicher Vorgaben ging, hatte BundesinnungsmeisterDetlef Peter Grün. Der ZDK-Vizepräsident ging zunächst mit ein paar Sätzen auf AÜK ein und nannte es mit seinen über 40.000 Inspektoren „das größte akkreditierte System der Welt.“ Zusammen mit den Innungen, den Landesverbänden und dem Bundesinnungsverband sei dieses einmalige System in den letzten zwei Jahren auf stabile Füße gestellt worden.
Anschließend konzentrierte er sich auf das Thema Fahrerassistenzsysteme und ihre Überprüfung. Dieses Thema sei von entscheidender Bedeutung für die Kfz-Betriebe. „Wir müssen uns darüber im Klaren sein“, so der Bundesinnungsmeister, „dass es irgendwann keine Abgasuntersuchungen mehr geben wird. Das bedeutet: Wir müssen darüber nachdenken, welche Alternativen es geben kann, damit die Betriebe mit den geringeren Auslastungen klarkommen können.“
Fahrerassistenzssysteme müssen überprüft werden
Schon seit längerem hätten die Prüforganisationen darauf hingewiesen, dass im Rahmen der Hauptuntersuchung auch die Fahrerassistenzsysteme überprüft werden müssten. Eine vom ZDK beim KTI, dem Kraftfahrttechnischen Institut in Kassel, in Auftrag gegebene Studie ging der Frage auf den Grund, ab wieviel Grad Abweichung beim Spurhalteassistenten Gefahr droht. Die Antwort lautete: Abweichungen von +/- 0,3 Grad seien hinnehmbar, ab 0,5 Grad werde es gefährllich. Es sei erstaunlich, dass beim Hersteller VW bspw. erst ab einer Abweichung von 3 Grad die Kontrollleuchte aufleuchte. Dazu sagte Detlef Peter Grün: „Wenn ich eine 3 Grad Lenkung bei 130 km/h auf der Autobahn mache, habe ich einen kompletten Spurwechsel innerhalb von fünf Metern!“
Außerdem habe eine nicht repräsentative ZDK-Umfrage bei Werkstätten ergeben, dass bei 60 % aller Fahrerassistenzsysteme Probleme aufgetaucht seien. „Das sind Werte, die wir so im Gewerbe nicht kennen. Was wäre wohl los, wenn sich herausstellte, dass 60 % aller Bremssysteme nicht ordnungsgemäß funktionierten?“
Es sei also ganz offensichtlich, dass die „kleinen Helferlein“ regelmäßig überprüft werden müssten. Diese Prüfung sollte im Rahmen der Hauptuntersuchung geschehen. Allerdings seien die Geräte zur Überprüfung der Fahrerassistenzsysteme bislang extrem teuer, und transportable Prüfgeräte seien noch nicht einsatzbereit. – das gelte es zu bedenken.
Konzentration zunächst auf zwei Systeme
Wenn das in Zukunft möglich sein werde – die Prüforganisationen arbeiteten an den technischen Lösungen – dann komme das Gewerbe ins Spiel. Sei ein System nicht in Ordnung, dann müssten die Werkstätten die technischen Helfer in Stand setzen und neu kalibrieren. Dafür sollte es nach Vorstellung des ZDK-Vizepräsidenten ein offizielles Dokument geben, das bestätige, dass das System am Tag xy in der Werkstatt xy überprüft worden sei und i.O. sei.
Alle Systeme im Rahmen einer HU zu untersuchen, scheine nach heutigem Stand des Wissens unrealistisch. Deshalb gehe es den ZDK in einem ersten Schritt darum, die Überprüfung von zwei besonders wichtigen Systemen, des Notbrems- und des Spurhalte-Assistenten gesetzlich festzuschreiben. Dafür müssten die Hersteller mit ins Boot geholt werden, damit die notwendigen Daten zur Verfügung stünden, um Reparatur und Neu-Kalibrierung fehlerfrei vornehmen zu können. Auch die Politik werde ein Interesse daran haben, Fahrerassistenzsysteme zu überprüfen. Schließlich habe die EU ganz offiziell das Ziel formuliert, bis 2038 die Zahl der Verkehrstoten in Europa um 25.000, die der Schwerverletzten sogar um 140.000 zu verringern. Um in Deutschland die dafür nötigen Fachkräfte auszubilden, arbeite der ZDK zusammen mit der Akademie Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe (TAK) an der Entwicklung eines Schulungsprogramms zum Fahrassistenz-Techniker.