Wie wird sich in Deutschland der Verkehr der Zukunft entwickeln? Auf Basis einer Analyse der vergangenen vier Jahre läßt eine gerade publizierte Studie interessante Tendenzen erkennen. Das Beratungsunternehmen KCW erstellte im Auftrag des Politik-Beratungsunternehmens Agora Verkehrswende die Untersuchung, die unter dem Titel „Wandel auf Straßen und Schienen: Verkehrsentwicklung in Deutschland 2019–2023“ erschienen ist. Sofern die Ergebnisse und vor allem die daraus abgeleiteten Prognosen stimmen, dürfte dies in den kommenden Jahren Einfluss auf das Wirtschaften von Kfz-Werkstätten und Verkaufshäusern nehmen.
Es gibt, so die Studie, mit mehr als 49 Millionen Autos zwar so viele Fahrzeuge wie noch nie in Deutschland, aber 2023 waren beispielsweise „sieben Prozent weniger Pkw auf den Autobahnen unterwegs als 2019“. Wie sieht es mit dem innerstädtischen Verkehr aus? Dazu lieferte die Studie ebenfalls eine interessante Zahl: An Werktagen ist der Verkehr zu den Stoßzeiten vor allem am Morgen um mehr als zwölf Prozent niedriger als im Jahr 2019. In kurz lautet der Befund also: Es gibt mehr Fahrzeuge aber weniger Verkehr.
Wie ist das zu erklären? Drei Ansätze präsentiert die Verkehrswende-Studie. Erstens die seit der Pandemie sehr stark ausgebaute Möglichkeit von zu Hause zu arbeiten. Dazu liefert das Münchner Ifo-Institut wichtiges Zahlenmaterial: Im Februar 2024 befand sich ein Viertel aller Arbeitenden zumindest teilweise im Homeoffice. Dieser Wert ist in den vergangenen zwei Jahren sehr konstant geblieben.
Neben dem Homeoffice gibt es gemäß den Erkenntnissen, die die Autoren der Studie anführen, zwei weitere Gründe zu nennen:das Deutschland-Ticket und die Erhöhung des CO2-Preises. Alle drei Maßnahmen hätten größeren Einfluss auf das Verkehrsverhalten genommen. Allerdings liegt die Nutzung des öffentlichen Verkehrs – Busse, Bahnen und auch das Fahrrad – von den Zahlen her noch unter dem Niveau der Vor-Corona-Zeit., Damit wird der generelle Schluss naheliegend, dass in Deutschland Menschen insgesamt weniger unterwegs sind.
Wendepunkt in der Auto-Nutzung
Die Internetplattform ingenieur.de sieht darin einen bedeutenden Wandel, die Süddeutsche Zeitung sogar einen „Mann-auf-dem-Mond-Moment der Kulturgeschichte“. Es entstehe wie bei der erfolgreichen Mond-Mission ein Wendepunkt, der die Zeitrechnung in ein Davor und ein Danach unterteile. Die Ergebnisse der Studie zeigten, dass es erste Hinweise darauf gebe, dass das Auto seine Bedeutung zu verlieren beginne. In der Konsequenz gelte das bisher bestehende Gesetz nicht mehr, nach dem automatisch mehr Menschen und mehr Fahrzeuge mehr Verkehr bedeuteten. Es lasse sich feststellen, dass das einzelne Auto weniger genutzt werde, als dies früher der Fall gewesen sei.
Natürlich bleibt es abzuwarten, wie diese Entwicklungen weiter gehen. Viele Fragen sind noch offen, die alleine mit der Nutzung von Autos zu tun haben. Nicht nur die Form des Antriebs der Zukunft ist nicht völlig klar. Insofern bleibt es eine wichtige Aufgabe der Forschung aktuelle Zahlen zu erheben und einzuordnen.