Auf der Mitgliederversammlung am 14. Juni in Regensburg wählten die Delegierten Arne Joswig zum neuen ZDK-Präsidenten. Damit ist er oberster Ehrenamtsträger des Kfz-Gewerbes in Deutschland. Da liegt es nahe, ihn zu Wort kommen zu lassen. Im folgenden Interview geht es um seine Motivation, als Präsident des ZDK zu amtieren, um die Themen, die ihm am Herzen liegen und um eine Bilanz der ersten Monate.
Sie haben vor nicht allzu langer Zeit zusammen mit Ihrem Bruder Ihr gemeinsames Unternehmen mit mehreren Standorten verkauft. Da würde man vermuten, dass Sie sich mehr Zeit für sich, für Familie, Hobbys nehmen wollen, die Dinge insgesamt ruhiger angehen lassen wollen. Nun aber die Entscheidung für eine durchaus anspruchsvolle, zeitaufwändige Position im Kfz-Gewerbe. Was hat Sie also dazu bewogen, sich für das Amt des ZDK-Präsidenten zu bewerben?
Als Vollblutunternehmer kenne ich die Kfz-Branche seit Jahrzehnten. Nicht nur als langjähriger eigenständiger Kfz-Unternehmer, sondern auch von meiner Arbeit im Marketing auf Herstellerseite. Ich habe mich immer für Neuerungen und Weiterentwicklungen in unserem Gewerbe und im Verband eingesetzt. Deshalb reizt es mich auch, die aktuellen Veränderungen in der Branche und die Transformation der individuellen Mobilität mitzugestalten. Das betrifft sowohl das Nebeneinander verschiedener Antriebstechniken als auch neuen Anforderungen an die Betriebe, wie etwa neue Vertriebssysteme und Geschäftsmodelle, aber auch das Thema Daten und Datenzugänge. Dass ich diese Herausforderung annehmen kann, hat mir mein neugewonnener persönlicher Freiraum überhaupt erst ermöglicht.
Die Branche steht vor gewaltigen Herausforderungen. In einem ersten Gespräch mit Bundesverkehrsminister Volker Wissing haben Sie sich über E-Mobilität, E-Fuels und den Zugang zu Fahrzeugdaten ausgetauscht. Gehen wir die drei Themen doch mal durch.
Welchen Schwerpunkt haben Sie bei dem sehr umfangreichen Thema Hochlauf E-Mobilität gegenüber der Bundesregierung in Person von Herrn Wissing gesetzt?
Auch hier ist die fehlende Planungssicherheit ein Thema. Im Juli hat die Bundesregierung kurzfristig 400 Millionen Euro zusätzlich an Fördergeld für die E-Auto-Kaufprämie bereitgestellt. Auf der anderen Seite ist jetzt zum 31. August die Förderung von gewerblich genutzten E-Fahrzeugen ausgelaufen und ebenfalls im August wurde bekannt, dass die Förderung für privat genutzte E-Autos im nächsten Jahr entgegen der Planung um 600 Millionen Euro gekürzt werden soll. Wenn das so kommt, erleben wir einen weiteren Akt des Verwirrspiels beim Umweltbonus. Das wird auch den von der Bundesregierung postulierten Hochlauf der E-Mobilität weiter bremsen. Für die Händler wird es immer schwieriger, Interessierte für den Umstieg auf ein E-Fahrzeug zu begeistern, und für Kundinnen und Kunden ist es kaum noch möglich, den Kauf eines Elektroautos vernünftig zu planen. Hinzu kommt, dass vor allem günstige Fahrzeuge unter 20.000 Euro für den Einstieg in die Elektromobilität fehlen. Hier sind die Hersteller gefragt.
E-Fuels, ein auch in der Regierung durchaus ambivalentes Thema. Was ist Ihnen da wichtig?
Der Einsatz von E-Fuels ermöglicht die sofortige Einsparung von CO2, und zwar im gesamten Fahrzeugbestand. Der Vorteil ist, dass dabei die bestehende Tankinfrastruktur genutzt werden kann. Außerdem wird mit Hilfe von E-Fuels auch die Zulassung von Neuwagen mit Verbrennungsmotor und deren klimaneutraler Betrieb nach 2035 möglich sein. Daher war mir der Vorstoß von Bundesverkehrsminister Wissing gegenüber der EU-Kommission sehr wichtig. Nun kommt es darauf an, auch mit Hilfe anderer Mitgliedstaaten , eine sinnvolle Lösung zu erreichen, damit wir Planungssicherheit für die E-Fuel-Produktion bekommen und die Kraftstoffproduzenten den Markthochlauf organisieren können.
Was wollen Sie für die Mitgliedsbetriebe im Bereich des Zugangs zu Fahrzeugdaten erreichen? Wo sehen Sie die Bundesregierung in der Pflicht?
Die Verlängerung der Kfz-Gruppenfreistellungsverordnung (Kfz-GVO) war ein wichtiger Schritt beim Datenzugang für die Werkstätten. Durch die zugehörigen Leitlinien wird klargestellt, dass fahrzeuggenerierte Daten für Reparatur und Wartung wesentlich sein können und unabhängige Werkstätten deswegen gleichberechtigten Zugang zu diesen Daten haben sollen.
Bei den fahrzeuggenerierten Daten müssen wir ebenfalls gleiche Wettbewerbsbedingungen schaffen. Hier reicht der Data Act noch nicht aus. Schließlich sollte der Fahrzeughalter entscheiden, welche Dienstleistungen er nutzen will. Vor allem müssen herstellerübergreifende Angebote möglich werden – dafür brauchen wir eine regulatorische Vorgabe. Wir wollen beispielsweise, dass Betriebe die Möglichkeit haben, mit dem Halter des Fahrzeugs über das Display zu kommunizieren und Fahrzeuge bei einem anstehenden Service oder einem Defekt in den eigenen Betrieb leiten können. Schließlich geht es darum, wie diese Informationen zur Verfügung gestellt werden. Der ZDK setzt sich ein für eine offene Telematik-Plattform (OTP), um die Daten qualifizierten Anwendern zur Verfügung zu stellen. Die für diese Themen geplante Regelung sollte die EU-Kommission jetzt schnell vorlegen.
In einer aktuellen Stellungnahme zu den Zulassungszahlen im Monat Juli haben Sie darauf hingewiesen, dass es bei der Wertschöpfungskette eine auseinandergehende Schere zwischen Herstellern und Handel gibt. Mit anderen Worten: Die Hersteller legen glänzende Zahlen vor mit zum Teil zweistelligen Umsatzrenditen. Von solchen Zahlen sind dagegen die Händler weit entfernt. Sie sehen darin eine Strategie von Herstellern und Importeuren, die eine Verschlechterung der Konditionen für den Handel durchsetzen wollen. Wie wollen Sie an der Spitze des ZDK gegen diese Entwicklung vorgehen und das Ziel erreichen, den Handel angemessen an der Wertschöpfungskette zu beteiligen?
Es kann nicht sein, dass Automobilhersteller glänzende Gewinne einfahren und die Händler bei sinkenden Margen immer mehr in die Anforderungen der Hersteller investieren müssen. Im Schulterschluss mit den Fabrikatshändlerverbänden suchen wir aktuell im ZDK nach Ideen, wie wir eine auskömmliche Vergütung Automobilhändler sicherstellen können. In Zukunft werden das Agentur- und das Vertragshändlermodell nebeneinander stehen und deshalb brauchen wir Lösungen für beide Varianten. Wir sprechen gerade sowohl mit großen Autohausgruppen als auch mit kleineren Händlern, um gute Rahmenbedingungen zu erarbeiten, die für alle Kfz-Betriebe passen.
Gibt es weitere Themen, die Sie während Ihrer Amtszeit besonders bearbeiten wollen? Wenn ja, welche?
Wichtig ist mir auch das Thema Mitarbeitergewinnung. Hier müssen wir neue Wege gehen und auch mehr Zuwanderer als Arbeitskräfte zu gewinnen. Dafür brauchen wir eine attraktive Ausbildung, die finanzielle Anreize bietet und auch deutlich mehr Frauen anspricht. Der Frauenanteil von 2,7 Prozent in den Betrieben ist ausbaufähig. Dazu müssen wir aber auch veraltete Berufsbilder – gerade in der Werkstatt – aus den Köpfen lösen. Und wir müssen Möglichkeiten schaffen, den Einstieg in den Beruf und insbesondere in die Technik zu erleichtern.
Die ZDK-Abteilung Berufsbildung wird zeitnah ein Konzept vorlegen, wie wir dies umsetzen und die Betriebe dabei unterstützen können. Das wird eine gemeinschaftliche Anstrengung sein, bei der das gesamte Kraftfahrzeuggewerbe mitziehen muss. Insgesamt müssen wir einen Spagat schaffen: auf der einen Seite gute Löhne zahlen, um gute Mitarbeiter zu gewinnen und zu binden, auf der anderen Seite müssen unsere Leistungen für unsere Kunden bezahlbar bleiben.
Wie lautet Ihre persönliche Bilanz nach einem ersten Vierteljahr in Ihrer neuen Verantwortung?
Für mich persönlich ist in diesem Sommer zunächst mal der Urlaub ausgefallen. Als ZDK-Präsident ging es für mich gleich in die Vollen mit Terminen bei Medien, Landesverbänden, der BFC in Northeim und bei Bundesverkehrsminister Dr. Volker Wissing. Außerdem sehe ich mir die Strukturen im ZDK genau an und führe Gespräche mit allen Abteilungen. Dabei hilft mir, dass ich mich bereits seit vielen Jahren im Verband auf Bundes- und auch auf Landesebene engagiere und über gute persönliche Kontakte zu den Kollegen verfüge.