Arbeitsrecht

Empfohlener Muster-Ausbildungsvertrag wird angepasst

Im Zusammenhang mit den Änderungen im Nachweisgesetz, das auf Auszubildende nicht direkt anwendbar ist, sind auch die Mindestvorgaben an die Vertragsniederschrift bei Auszubildenden nach § 11 BBIG angepasst worden. Deshalb hat sich auch in den Muster-Ausbildungsverträgen ein Anpassungsbedarf ergeben. In seiner Sitzung am 14.12.2022 hat der Hauptausschuss des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) seine Empfehlung zum „Ausbildungsvertragsmuster“ an die aktuelle Gesetzeslage angepasst. Der angepasste und bereits verabschiedete Muster-Ausbildungsvertrag muss nun noch abschließend im Bundesanzeiger veröffentlicht werden.

Die aktuellen Änderungen des BBIB im Muster-Ausbildungsvertrag und seinen Anlagen betreffen vor allem Regelungen und Ausführungen zur Vergütung im dortigen § 6. Die genauen Änderungen des Formulars und seiner Anlagen können dem als Anlage 1 beiliegenden Informationsblatt zur „Anpassung des Musterausbildungsvertragsformulars“ entnommen werden. Dabei sind die vom Hauptausschuss aktuell empfohlenen Änderungen farblich kenntlich gemacht.

 

Verfall und Verjährung von Urlaubsansprüchen

Das Bundesarbeitsgericht hat sich in zwei am 20.12.2022 verkündeten Urteilen (Az. 9 AZR 245/19 sowie 9 AZR 266/20) zur Behandlung von Urlaubsansprüchen bei Langzeiterkrankung sowie gleichzeitig zur Anwendbarkeit von Verjährungsregeln geäußert.

I. Urteil zu Verfall von Urlaub bei langandauernder Arbeitsunfähigkeit (Az. 9 AZR 245/19)

Das BAG hat zur Frage des Verfalls von Urlaub bei langandauernder Arbeitsunfähigkeit sinngemäß folgendes entschieden: Urlaub bei langandauernder Arbeitsunfähigkeit erlischt nur dann nach Ablauf eines Übertragungszeitraums von 15 Monaten, wenn der Arbeitgeber zuvor seinen Hinweis- und Mitwirkungsobliegenheiten in ausreichendem Maß nachgekommen ist.

In dem entschiedenen Fall ging es um einen schwerbehinderten Frachtführer, der in der Zeit vom 01.12.2014 bis mindestens August 2019 wegen voller Erwerbsminderung aus gesundheitlichen Gründen seine Arbeitsleistung nicht erbringen und daher auch seinen Urlaub nicht nehmen konnte.

 

Das BAG hat entschieden, das der Urlaubsanspruch mit Ablauf der 15-Monatsfrist dann verfällt, wenn der Arbeitnehmer seit Beginn des Urlaubsjahres durchgehend bis zum 31. März des zweiten auf das Urlaubsjahr folgenden Kalenderjahres aus gesundheitlichen Gründen daran gehindert war, seinen Urlaub anzutreten. In dieser Konstellation komme es nicht darauf an, ob der Arbeitgeber seinen Mitwirkungsobliegenheiten nachgekommen sei. Denn auch die Erfüllung dieser Obliegenheit hätte nicht zur Inanspruchnahme des Urlaubs beitragen können.

Anders sei es in dem Fall, in dem der Arbeitnehmer im Urlaubsjahr tatsächlich gearbeitet habe, bevor er voll erwerbsgemindert oder krankheitsbedingt arbeitsunfähig geworden sei. So stelle sich aber der vorliegende Fall dar. Hier setzte die Begrenzung des Urlaubsanspruchs regelmäßig voraus, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer rechtzeitig vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit in die Lage versetzt habe, seinen Urlaub tatsächlich zu nehmen. Demnach bleibe der Resturlaub für das Jahr 2014 in Höhe von 24 Arbeitstagen erhalten, weil der Arbeitgeber seiner Mitwirkungsobliegenheit nicht bis zum Zeitpunkt der Erwerbsminderung am 01.12.2014 nachgekommen ist.

II. Urteil zur Verjährung von Urlaubsansprüchen (Az. 9 AZR 266/20)

In einem weiteren Verfahren am 20.12.2022 hat das BAG entschieden, dass der Anspruch auf Jahresurlaub zwar der gesetzlichen Verjährung unterliegt. Jedoch beginnt die Verjährung erst am Ende des Kalenderjahres, in welchem der Arbeitgeber den Arbeitnehmer über seinen konkreten Urlaubsanspruch und die Verfallfristen belehrt hat.

Die klagende Arbeitnehmerin war vom 01.11.1996 bis zum 31.07.2017 als Steuerfachangestellte und Bilanzbuchhalterin bei der beklagten Arbeitgeberin beschäftigt. Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses forderte die Klägerin von der Beklagten noch die Abgeltung von Urlaub im Umfang von 101 Arbeitstagen aus den Vorjahren. Da die Beklagte dieser Forderung nicht nachkam, beschritt die klagende Arbeitnehmerin den gerichtlichen Weg bis vor das BAG – wobei das LAG der Klägerin schon 17.376,64 € zur Abgeltung von 76 Urlaubstagen zugesprochen hatte.

Das BAG hat entschieden, dass die gesetzlichen Verjährungsvorschriften des BGB zwar auch auf den gesetzlichen Mindesturlaub Anwendung finden, der Beginn der Verjährungsfrist aber erst am Ende des Jahres der Belehrung des Arbeitgebers über den konkreten Urlaubsanspruch und über die Verfallfristen startet.

Die Klägerin wurde nicht durch Erfüllung der Aufforderungs- und Hinweisobliegenheiten in die Lage versetzt, ihren Urlaubsanspruch wahrzunehmen. Die Ansprüche seien daher allesamt nicht am Ende des Kalenderjahres oder eines zulässigen Übertragungszeitraums verfallen. Ebenso wenig könne der Beklagte einwenden, dass der nicht gewährte Urlaub bereits während des Arbeitsverhältnisses verjährt sei.

III. Bewertung

Es muss der Schluss gezogen werden kann, dass keine Hinweispflicht des Arbeitgebers gegeben ist, wenn der Arbeitnehmer während des gesamten Urlaubsjahres arbeitsunfähig ist. Dagegen muss in Anwendung der aktuellen BAG-Urteile künftig unbedingt im Jahr des Eintritts der Erkrankung ein entsprechender Hinweis an den betreffenden Arbeitnehmer erfolgen. Nur dann verfällt der Urlaub 15 Monate nach Ende des Urlaubsjahres, in dem der Arbeitnehmer erkrankt ist. Es ist durchaus positiv zu beurteilen, dass das BAG mit dem Urteil grundsätzlich an der 15-Monatsfrist bei Langzeiterkrankungen festhält. Schließlich unterstreichen beide Entscheidungen nachdrücklich, wie wichtig der Hinweis des Arbeitgebers auf die Urlaubsinanspruchnahme ist. Diese vom EuGH erfundene Hinweispflicht ist zwar diskussionswürdig. Aufgrund ihrer Bedeutung sollte man sie dennoch in der personalpolitischen Praxis immer beachten.

Ein Muster-Schreiben zur Hinweispflicht betreffend die Urlaubsansprüche befindet sich beim Material zum Herunterladen.